Zur Ermittlung des goodwill (oder negativen Unterschiedsbetrags) sind die Anschaffungskosten dem Zeitwert des erworbenen Nettovermögens gegenüberzustellen. Anschaffungsnebenkosten (Notargebühren, Grunderwerbsteuern, Beratungskosten für eine dem Kauf vorgeschaltete Due Diligence usw.) sind nicht zu aktivieren, sondern unmittelbar als Aufwand zu buchen (IFRS 3.53). Nicht als Aufwand zu behandeln, sondern gegen Eigenkapital zu kürzen, sind bei einem Erwerb durch Sacheinlage gegen Kapitalerhöhung die Kosten für die Registrierung und die Ausgabe von Eigenkapital (Emissionskosten, Honorare).

Wird der Erwerb (teilweise) durch den Tausch von Anteilen oder anderen Vermögenswerten abgewickelt, bestimmt der Wert des Hingegebenen die Anschaffungskosten für das Erworbene. Bei Ausgabe eigener börsengängiger Wertpapiere ist der Börsenkurs maßgebend, es sei denn, außergewöhnliche Kursschwankungen oder ein enger Markt machen den Börsenkurs der Wertpapiere zu einem unzuverlässigen Indikator (IFRS 3.33). Im Fall außergewöhnlicher Kursschwankungen sind die Preise während einer angemessenen Zeit vor oder nach der Veröffentlichung der Bedingungen des Unternehmenserwerbs zu berücksichtigen. Im Fall eines unzuverlässigen (engen) Markts oder bei fehlender Börsennotierung ist der Wert der ausgegebenen Anteile zu schätzen. Hierbei kommt auch eine umgekehrte Wertermittlung infrage. Sind die vom Erwerber hingegebenen Anteile nicht börsennotiert, die erworbenen Anteile hingegen börsennotiert und ist deshalb deren Wert klarer zu ermitteln, determiniert der letztgenannte Wert den Kaufpreis.

 

Beispiel

Die börsennotierte M AG erwirbt mit notarieller Urkunde vom 10.8.01 100 % der Anteile an der T GmbH von der A AG. Die Urkunde sieht Folgendes vor:

  • Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten zum 1.8.01. Alle Ergebnisse bis zum 31.7.01 stehen noch der A AG zu. Am 20.7.01 haben M und A abgestimmte Ad-hoc-Meldungen über den bevorstehenden Verkauf veröffentlicht.
  • Rechtswirksamkeit der Anteilsübertragung mit kartellrechtlicher Genehmigung (diese erfolgt am 20.11.01).
  • Im Zeitraum bis zur kartellrechtlichen Genehmigung hat die A AG die Geschäfte der T GmbH mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im Interesse der M AG und bei allen wesentlichen Entscheidungen nur mit vorheriger Zustimmungen der M AG zu führen.

Der Kaufpreis wird durch Hingabe von 1 Mio. M-Aktien entrichtet. Die M-Aktie notiert wie folgt:

 
am 17.7. mit 47
am 18.7. mit 48
am 19.7. mit 50
am 20.7. (Ad-hoc-Meldung) mit 60 (u. a., weil nach Investoren- und Analystenmeinung der Erwerb der T GmbH die strategischen Aussichten der M AG entscheidend verbessert)
am 1.8. (Rückwirkungsdatum) mit 55 (der ersten Euphorie folgt erste Ernüchterung)
am 10.8. (Vertrag) mit 58 (erneute Euphorie)
am 20.11. (Rechtswirksamkeit) mit 40 (allgemeine Baisse)

Die Anschaffungskosten sind grundsätzlich auf den Transaktionstag, d. h. den Tag des Übergangs der Kontrolle, zu bestimmen. Wegen des treuhandähnlichen Verhältnisses bis zur kartellrechtlichen Genehmigung ist dies m. E. spätestens der 10.8. Auch der 1.8. ist m. E. vertretbar.

Wird als Transaktionstag der 10.8. bestimmt, stellt sich noch die Frage, ob als Anschaffungskosten und damit als Grundlage für die goodwill-Ermittlung usw. nach dem Kurs dieses Tages 58 Mio. anzusetzen sind oder ob der Kurs vom 19.7. (letzter Kurs vor Ad-hoc-Veröffentlichung) ein besserer Indikator ist und somit 50 Mio. anzusetzen sind.

Beide Lösungen sind vertretbar:

Für die 58 Mio. spricht, dass schon vor der Ad-hoc-Mitteilung eine Kurstendenz nach oben festzustellen war (Kursentwicklung 17. bis 19.7.). Eine positive Entwicklung des gesamten Aktienmarkts (oder der Branche) in der Zeit zwischen Mitte Juli und 10.8. würde diese Argumentation zusätzlich stützen.

Für die 50 Mio. spricht, dass dies der letzte von dem Erwerb noch nicht beeinflusste Kurs war. In diesem Fall ist die Abweichung von 8 Mio. anzugeben und zu begründen.

Wird als Transaktionstag der 1.8. bestimmt, kann entsprechend zwischen 55 Mio. EUR und 50 Mio. EUR gewählt werden.

Wie das Beispiel zeigt, verlangt die Anschaffungskostenbestimmung bei der Hingabe von eigenen Anteilen eine Einzelfall- und Gesamtwürdigung und ist damit z. T. eine Angelegenheit der Findung und Prononcierung von Argumenten.

Der Erwerber kann am erworbenen Unternehmen bereits vor Erlangung der Beherrschung beteiligt sein, etwa 20 % der Anteile schon seit längerem halten und nun 31 % oder mehr hinzuerwerben. Bei einer solchen business combination achieved in stages (sukzessiver Unternehmenserwerb) wird ein tauschähnliches Geschäft fingiert. Es wird unterstellt, dass der Erwerber für den Unternehmenserwerb neben dem Barbetrag (für die neu erworbenen Anteile) die Altanteile (im Beispiel 20 %) mit ihrem fair value hingibt. Die Differenz zum bisherigen Buchwert der Altanteile ist Ertrag (oder Aufwand).

Ein Vertrag über einen Anteils- oder Unternehmenserwerb kann bedingte Kaufpreiselemente (contingent considerations) enthalten, die insbesondere vorsehen...

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