IFRIC 12 beschäftigt sich mit der Bilanzierung von sog. Service Concession Contracts über privat finanzierte und privat betriebene öffentliche Infrastruktureinrichtungen. Nicht dem Anwendungsbereich von IFRIC 12 unterworfen sind folgende Fälle:

  • Der private Partner unterliegt in der Gestaltung des Serviceumfangs (etwa Tageszeiten der Nutzung), in den von den Nutzern erhobenen Gebühren usw. keinen Auflagen (IFRIC 12.5(a)). Hier kommt bei rechtlichem Eigentum des öffentlichen Partners ggf. ein Leasingverhältnis mit dem privaten Partner infrage.
  • Der öffentliche Partner hat keine Verfügungsmacht über den Restwert der Einrichtung nach Ablauf des Servicevertrags, weil der private Partner z. B. frei ist, die Infrastruktur vorher zu verpfänden oder zu veräußern und/oder der öffentliche Partner die Nutzung nicht über die gesamte Dauer des Servicevertrags kontrollieren kann (IFRIC 12.5(b) und IFRIC 12.AG4). Hier kommt beim privaten Partner eine Bilanzierung der Infrastruktur als Sachanlage gemäß IAS 16 infrage.

Die demgegenüber in den Anwendungsbereich von IFRIC 12 fallenden Verträge sind wie folgt zu bilanzieren:

  • Bauphase: Es entstehen durch die Erstellung/Verbesserung der Infrastruktur Erlöse und Gewinne aus Fertigungsaufträgen und entsprechende Forderungen gegen den öffentlichen Partner. Die Erlöse und Gewinne sind gemäß IFRS 15 nach Baufortschritt zu realisieren.
  • Betriebsphase: Die Bilanzierung während der Betriebsphase hängt davon ab, ob der öffentliche Partner die Nutzungsentgelte leistet bzw. garantiert oder die Infrastrukturnutzer unmittelbar an den privaten Partner leisten.
  • Leistet oder garantiert der öffentliche Partner die Zahlungen für die Einrichtung und deren Betrieb, gelangt das financial asset model zur Anwendung (IFRIC 12.16). Die Einnahmen werden (unter Berücksichtigung von Zinseffekten) gegen die Forderung aus dem Fertigungsauftrag verrechnet. Im Übrigen entstehen beim privaten Partner Zinserträge.
  • Zahlen die Infrastrukturnutzer an den privaten Betreiber und garantiert der öffentliche Partner auch keine Mindesteinnahmen, wird nach dem intangible asset model verfahren (IFRIC 12.17): Es unterstellt einen gewinn- und erlösrealisierenden Tausch der während der Bauphase entstandenen Forderung aus dem Fertigungsauftrag gegen den Erwerb eines immateriellen Vermögenswerts "Recht auf den Betrieb der Infrastruktur". Dieses Recht wird dann über die Laufzeit abgeschrieben. Umsätze entstehen in diesem Modell nicht nur aus dem Fertigungsauftrag, sondern auch aus der laufenden "Maut". Mit dieser "Doppelung" der Umsätze geht keine "Doppelung" des Ergebnisses einher, da das Ergebnis um die Abschreibung auf das immaterielle Vermögen gemindert wird.
 

Beispiel

Die Bundesrepublik Deutschland entscheidet sich für eine Entlastung des notorisch verstopften Kölner Autobahnrings. Eine neue Autobahn Siegburg–Leverkusen wird privat von der Maut und Bau AG erbaut und finanziert. Die AG wendet dafür 5 Mrd. EUR auf. Bei Einbeziehung eines üblichen Gewinnaufschlags von 14 % würde sie für den Bau der Autobahn einem Dritten 5,7 Mrd. EUR in Rechnung stellen.

Die Maut und Bau AG darf weder von Pkws Gebühren erheben noch die Nutzung der Autobahn durch Pkws beschränken. Nach Ende der Fünf-Jahres-Frist fällt die Autobahn entschädigungslos an die Bundesrepublik.

Danach scheidet für die Maut und Bau AG die bilanzielle Abbildung als Sachanlage wegen der fehlenden dauernden Herrschaft über die Autobahn aus.

Die Maut und Bau AG erhält auf fünf Jahre:

  • in Alternative 1 einen garantierten Betrag von je 1,5 Mrd. EUR (insgesamt 7,5 Mrd. EUR) von der Bundesrepublik (financial asset model),
  • in Alternative 2 das Recht, von Lkws Mautgebühren in kalkulierter Höhe von insgesamt ebenfalls 7,5 Mrd. EUR zu erheben (intangible asset model).

Alternative 1 (financial asset model)

Die Maut und Bau AG aktiviert eine Forderung aus Fertigungsauftrag gegen die Bundesrepublik, die parallel zum Fertigungsfortschritt ansteigt und bei Fertigstellung 5,7 Mrd. EUR beträgt; entsprechend entstehen über die Bauzeit kumuliert Erlöse von 5,7 Mrd. EUR.

Bei einem Effektivzins von 10 % sind die 7,5 Mrd. EUR (p. a. 1,5 Mrd.) als annuitätische Leistung auf die Forderung anzusehen.

Nach Fertigstellung wird die Forderung jährlich mit 10 % aufgezinst (daraus Zinserträge von 1,8 Mrd.), andererseits um die annuitätische Zahlung von 1,5 Mrd. EUR verringert.

Summe der Erlöse/Erträge: 5,7 Mrd. EUR aus Fertigung + 1,8 Mrd. EUR aus Zins = 7,5 Mrd. EUR.

Alternative 2 (intangible asset model)

Über die Bauzeit wiederum Aktivierung einer Forderung von 5,7 Mrd. EUR mit entsprechenden Erlösen.

Zum Ende der Bauzeit: Anschaffung eines immateriellen Vermögenswerts von 5,7 Mrd. EUR im Tausch gegen die erbrachte Fertigungsleistung bzw. die aus ihr resultierende Forderung.

Über die Betriebszeit: Vereinnahmung der 7,5 Mrd. EUR Mauteinnahmen als Erlöse und Verbuchung von 5,7 Mrd. EUR Abschreibung auf den immateriellen Vermögenswert.

Summe der Erlöse/Erträge: 5,7 Mrd. EUR aus Fertigung + 7,5 Mrd. EUR aus Maut = 13,2 Mrd...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge