Im System des HGB werden Sonderregeln für Sicherungszusammenhänge vor allem benötigt, um wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Drohverlustrückstellungen oder außerplanmäßige Abschreibungen zu vermeiden oder zu kompensieren. Wird etwa eine langfristige Dollarforderung durch einen Terminverkauf gesichert und steigt der Dollar bis zum Bilanzstichtag, so kann auf die Forderung wegen des Anschaffungskosten- und des Imparitätsprinzips keine Zuschreibung vorgenommen werden; der gegenläufige Verlust aus dem Sicherungsgeschäft wäre aber als Rückstellung zu berücksichtigen. Die Zulassung von Bewertungseinheiten durch § 254 HGB i. d. F. BilMoG vermeidet ein solches, dem wirtschaftlichen Gehalt nicht entsprechendes Ergebnis.

Die IFRS kennen keine derartigen Beschränkungen der Bilanzierung auf Sicherungszusammenhänge. Finanzderivate etwa sind nicht nur passivisch im Fall drohender Verluste, sondern auch aktivisch bei zu erwartenden Gewinnen zu bilanzieren. Ein eventueller Zusammenhang mit einem jetzigen oder zukünftigen Grundgeschäft berührt nie den Bilanzausweis, sondern nur die sofortige oder spätere Berücksichtigung in der GuV.

Zweck des hedge accounting nach IFRS ist nur die Synchronisierung der GuV. Hinsichtlich des Synchronisierungsproblems und seiner Lösung sind zwei Fälle zu unterscheiden:

  1. Fair value hedge

    • Synchronisierungsproblem:
      Der fair value eines schon bilanzwirksamen Grundgeschäfts reagiert spiegelbildlich zum fair value des Sicherungsgeschäfts (Derivats) auf Änderungen von Marktzinsen, Devisenkursen oder sonstigen Parametern. Nach allgemeinen Regeln wird das Grundgeschäft jedoch zu Anschaffungskosten oder zwar zum fair value, aber erfolgsneutral geführt. Nur die fair-value-Änderung des Derivats würde dann in die GuV einfließen. In Summe beider Geschäfte ergäbe sich trotz geschlossener Position, d. h. trotz spiegelbildlicher Wertentwicklung, ein GuV-Erfolg.
    • Lösung:
      Abhilfe schaffen hier IFRS 9.6.5.8 und IAS 39.89. Bei Vorhandensein einer fair-value-hedge-Beziehung wird in die Regeln für das Grundgeschäft eingegriffen. Es ist nicht mehr zu Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum fair value zu bilanzieren (Normalregel), sondern der erfolgswirksamen fair-value-Bewertung zu unterwerfen (Sonderregel). In der GuV ergibt sich bei geschlossener Position saldiert ein Ergebnis von null.
  2. Cash flow hedge

    • Synchronisierungsproblem:

      Das Grundgeschäft ist eine geplante, noch nicht bilanzwirksame Transaktion. Der fair value des noch nicht bilanzwirksamen Grundgeschäfts reagiert spiegelbildlich zum fair value des Sicherungsgeschäfts (Derivats) auf Änderungen von Marktzinsen, Devisenkursen oder sonstiger Parametern.

      Das Grundgeschäft wird jedoch erst in der nächsten Periode bilanz- und erfolgswirksam. In der aktuellen Periode ist hingegen bereits der fair value des Derivats zu bilanzieren. Würde die fair-value-Änderung des Derivats nach allgemeinen Regeln bereits jetzt in die GuV einfließen, ergäbe sich in der Summe beider Geschäfte trotz geschlossener Position ein GuV-Erfolg der aktuellen Periode.

    • Lösung:

      Abhilfe schaffen hier IFRS 9.6.5.11. bzw. IAS 39.95. Bei Vorhandensein einer cash-flow-hedge-Beziehung zwischen beiden Positionen wird in die Regeln für das Derivat eingegriffen. Es wird nicht mehr erfolgswirksam behandelt (Normalregel), sondern seine Wertänderung so lange erfolgsneutral im Eigenkapital geparkt, bis auch die Grundposition erfolgswirksam wird (Sonderregel). In der GuV ergibt sich bei geschlossener Position saldiert ein Ergebnis von null.

Gemeinsam ist beiden Fällen, dass über die Regeln des hedge accounting die Erfolge aus Grundgeschäft und Derivat synchronisiert werden. Der Punkt, an dem der Synchronisierungsmechanismus ansetzt, unterscheidet sich jedoch:

  • Beim fair value hedge wird in die Regeln für das Grundgeschäft eingegriffen; dieses wird erfolgswirksam gestellt.
  • Beim cash flow hedge erfolgt der Eingriff auf der Seite des Derivats; dieses wird erfolgsneutral gestellt.

Zur Illustration von Synchronisierungsproblem und -lösung zunächst das Beispiel einer Zinsabsicherungsstrategie:

 

Beispiel

X ist Inhaber einer festverzinslichen Anleihe, die er als Teil eines Portfolios hält, in dem weder die Halte- noch die Handelsabsicht dominiert. Die Anleihe wird deshalb erfolgsneutral zum fair value bilanziert. X will sich gegen eine Erhöhung der Marktzinsen und einen daraus resultierenden Kursrückgang der Anleihe absichern. X schließt deshalb ein Zinsswapgeschäft ab.

Y plant, in einigen Monaten eine eigene Anleihe zu emittieren. Das derzeitige Zinsniveau ist niedrig. Y will sich gegen eine Erhöhung des Zinsniveaus schützen und schließt deshalb einen forward-Zinsswap ab.

Die folgende Tabelle zeigt den Einfluss einer Marktzinserhöhung bei Anwendung der Normalregeln sowie für den Fall des hedge accounting.

 
  Normalregeln hedge accounting
  Festzinsanleihe variable receiver-swap Summe Anleihe swap Summe
GuV* 0 + + + 0
  Geplante Emission Anleihe forward-Zinsswap Summe Geplante Emission swap Summe
GuV* 0 + + 0 0
(im EK)
0
* bei Erh...

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