Leitsatz

Beantragen Ehegatten die Einzelveranlagung und den hälftigen Abzug von Sonderausgaben nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG, so sind die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen zusammenzurechnen und hälftig zu verteilen. Erst danach ist getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG durchzuführen.

 

Normenkette

§ 26a Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 4a EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist selbstständig, ihr Ehemann ist Beamter. Für das Jahr 2013 beantragte sie die Einzelveranlagung nach § 26a EStG und dabei, in Übereinstimmung mit ihrem Ehemann, die hälftige Aufteilung der Sonderausgaben gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG.

Das FA ermittelte Vorwegabzug, Grundhöchstbetrag, hälftigen Höchstbetrag und Erhöhungsbetrag, indem es bei beiden Ehegatten zunächst die Vorsorgeaufwendungen ansetzte, welche sie jeweils getragen hatten. Anschließend verteilte es die beiden Ergebnisse jeweils hälftig auf die Ehegatten. Abgezogen wurde bei der Klägerin letztlich die Hälfte aus dem Ergebnis ihrer Höchstbetragsberechnung zuzüglich der Hälfte der Höchstbetragsberechnung ihres Ehemannes.

Mit dem Einspruch begehrte die Klägerin, die Aufwendungen den jeweiligen Ehegatten hälftig zuzurechnen und erst im Anschluss daran die Günstigerprüfung durchzuführen; daraus ergebe sich für sie ein um ca. 1.600 EUR höherer Abzugsbetrag.

Das FG gab der anschließenden Klage statt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017, 2 K 1032/16, Haufe-Index 11653297).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.

 

Hinweis

Zu der ohnehin komplizierten Berechnung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen tritt im Fall der Einzelveranlagung von Ehegatten (früher "getrennte Veranlagung") die Frage hinzu, wie die Aufwendungen oder Abzugsbeträge zuzuordnen sind, wenn die Ehegatten übereinstimmend den hälftigen Abzug beantragen.

1. Nach Auffassung des FA waren jedem Ehegatten nur die von ihm selbst getragenen Sonderausgaben zuzurechnen und sodann für jeden einzeln die abziehbaren Beträge zu ermitteln und die Günstigerprüfung (§ 10 Abs. 4a EStG) durchzuführen. Anschließend sollen die so errechneten Höchstbeträge beider Ehegatten addiert und hälftig auf sie verteilt werden.

2. FG und BFH verfahren anders: Zuerst werden alle von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen addiert und die Summe sodann hälftig zugeordnet. Anschließend wird für jeden einzelnen Ehegatten die Höchstbetragsberechnung mit Günstigerprüfung durchgeführt.

Der BFH begründet dies mit dem Wortlaut des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG: Das dort verwendete Wort "sie" bezieht sich auf die in Satz 1 genannten Aufwendungen und nicht auf die "Sonderausgaben …" oder Abzugsbeträge. Zudem werden auch außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung nach § 35a EStG entsprechend zugeordnet.

3. Der Vorteil dieser Sichtweise liegt darin, dass Aufwendungen eines Ehegatten, die seinen abziehbaren Höchstbetrag übersteigen, die Steuerlast des anderen Ehegatten mindern können, der den Höchstbetrag mit eigenen Aufwendungen nicht ausschöpft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.11.2019 – III R 11/18

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