Leitsatz

Wird eine Zahlung an einen Plattformbetreiber nur für einen Vermittlungserfolg geschuldet, so kann diese, auch wenn der Vertrag die Begriffe "Rechteübertragung" und "Softwarenutzung" enthält, wie die Provision eines Handelsvertreters oder eines Handelsmaklers als Vergütung einer Dienstleistung zu würdigen sein. Derartige Entgelte eines Reiseveranstalters an den Plattformbetreiber für die Buchung von Reiseleistungen sind mithin keine Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG

 

Sachverhalt

Die klagende GmbH vermittelt Reisen für einen Reiseveranstalter. Der Vertrieb erfolgt teilweise über Computerreservierungssysteme (CRS) verschiedener System­anbieter.

Die CRS sind elektronische Handelsplattformen mit beschränktem Nutzerkreis. Sie verbinden Anbieter (Reiseveranstalter und -vermittler, Fluggesellschaften, Hotelbetreiber) mit Nutzern (vornehmlich Reisebüros). Die Klägerin stellt als Anbieterin Reiseprodukte in das System ein, auf die die Reisebüros zugreifen können. Bei erfolgreicher Buchung sendet die Klägerin eine vom CRS vorbereitete Buchungsbestätigung nebst Rechnung an das Reisebüro, vereinnahmt das Reiseentgelt und leitet dieses an den Reiseveranstalter weiter. Für die Vermittlungsleistung erhält sie vom Reiseveranstalter eine Provision; sie zahlt ihrerseits Provisionen an die Reisebüros.

Die Klägerin verwaltet ihre Reiseangebote mittels einer eigenen, hier nicht im Streit stehenden Software. Auf ihren Rechnern befindet sich zur Schaltung von Angeboten eine Schnittstelle zum Zugriff auf die CRS.

Die vertraglichen, organisatorischen und technischen Details zwischen der Klägerin als "Anbieter" und den CRS sind durch mit einer Lizenznummer versehene sog. Anbieterverträge geregelt. Die CRS schulden danach die Übertragung der jeweiligen Daten sowie die Nutzungsmöglichkeit der zur Verfügung gestellten Software. Die Verträge enthalten Randtexte wie "Rechteübertragung an den Anbieter", "Softwarenutzung" und "Befristete Nutzungsrechte". Die der Klägerin eingeräumten Nutzungsrechte sind nicht ausschließlich, nicht übertragbar und auf die Dauer des Vertrags befristet.

Die Klägerin muss einen kalenderjährlichen Mindestumsatz erzielen. Erreicht sie diesen Umsatz nicht, ist der Differenzbetrag an das CRS zu entrichten. Dadurch soll die Nutzung auf hinreichend große Marktteilnehmer beschränkt werden. Im Streitjahr und auch in den Vorjahren hat die Klägerin die Umsatzgrenze bei Weitem überschritten. Die Entgelte sind ansonsten transaktionsabhängig und in verschiedenen Preisgruppen geregelt, bei dem für die Klägerin wichtigsten CRS mit Preisen zwischen 1,50 EUR bis 6,15 EUR je Buchung (z.B. "Pauschal­reisen", "Reine Eintrittskartenbuchungen"). Pro Buchung wird das Entgelt im Grundsatz einmal fällig.

Die Klägerin bietet dieselbe Reiseleistung zwar in mehreren CRS an; das Transaktionsentgelt erhält aber nur derjenige Portalbetreiber, der die konkrete Buchung vermittelt hat. Die Klägerin stellt über anderweitige – hier nicht im Streit stehende – Software und technische Abläufe sicher, dass eine verbindlich über ein CRS gebuchte Reiseleistung anschließend nicht mehr für weitere Buchungen desselben oder anderer CRS zur Verfügung steht.

Die transaktionsabhängigen Gebühren wurden nach einer Betriebsprüfung als Aufwand für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten i.S.d. erstmals ab dem Streitjahr 2008 geltenden Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG beurteilt.

Die Klage hatte Erfolg (FG Köln, Urteil vom 16.6.2016, 13 K 1014/13, Haufe-Index 9712403, EFG 2016, 1718). Das FG entschied, es handele sich um Entgelte für eine technische Vermittlungsleistung, da sie nur bei einer konkreten Buchung anfielen und nur an den CRS-Betreiber entrichtet würden, über den die Buchung erfolgt sei.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Seit 2008 wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb auch ein Viertel der Summe aus einem Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten hinzugerechnet, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG). Dadurch soll der unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts erwirtschaftete "objektivierte" Ertrag des Betriebs mittels Hinzurechnung eines "Finanzierungsanteils" als Bemessungsgrundlage der GewSt erfasst werden. Außerdem soll die Vorschrift Gewinnverlagerungen entgegenwirken und die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage verbreitern.

2. Rechte i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG sind Immaterialgüterrechte, d.h. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbstständigem Vermö­genswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition – ein Abwehrrecht – besteht. Insoweit ist unerheblich, ob es sich um ein privates oder ein öffentliches...

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