Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1993

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 1993 vom 15.3.1995 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 7.7.1995 mit der Maßgabe geändert, daß weitere Sonderausgaben in Form von dauernden Lasten in Höhe von 12.000,– DM Berücksichtigung finden.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung von Sonderausgaben in Form von dauernden Lasten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 12.000,– DM.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 machten sie dauernde Lasten im Zusammenhang mit der Versorgung der Tante der Klägerin in Höhe von 12.000,– DM geltend. Dabei stützten sich die Kläger auf einen notariell beurkundeten Schenkungsvertrag vom 16.8.1993. Hiernach wurde der Klägerin von der Tante eine grundbuchrechtlich unbelastete Hof- und Gebäudefläche im Wert von 320.000,– DM geschenkt. Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten gingen ab dem 1.9.1993 auf die Klägerin über. Nach § 7 des notariellen Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, „aufgrund des ihr übertragenen Grundbesitzes an die Veräußerin zu deren Lebzeiten monatlich nachträglich, jeweils am letzten Tage eines jeden Monats, erstmals am 30.9.1993, einen Betrag von monatlich 3.000,– DM” zu zahlen. Zur Absicherung sollte eine Reallast eingetragen werden. Ferner wurde vereinbart, „daß sowohl die Erwerberin als auch die Veräußerin eine Erhöhung oder Minderung der Rente entsprechend den Regeln des § 323 Zivilprozeßordnung (ZPO)” verlangen kann. Nach § 11 des notariellen Vertrages versichert die Tante, daß sie nicht verheiratet ist. Auf den notariellen Vertrag vom 16.8.1993 wird insgesamt Bezug genommen. Ausweislich des entsprechenden Grundbuchauszuges wurde in der zweiten Abteilung zugunsten der Tante eine Reallast, löschbar bei Todesnachweis, eingetragen.

Der Grundbesitz mit aufstehendem Einfamilienhaus war vor Abschluß des notariellen Schenkungsvertrages unstreitig von der Tante für 1.200,– DM monatlich vermietet worden und wurde – ebenfalls unstreitig – von der Klägerin für 1.500,– DM zuzüglich Nebenkosten ebenfalls vermietet.

Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge stellen sich die Zahlungen im Streitjahr wie folgt dar:

20.8.1993

5.000,– DM

5.11.1993

9.000,– DM

31.12.1993

6.000,– DM

Summe

20.000,– DM

Im außergerichtlichen Verfahren versagte der Beklagte die steuerrechtliche Anerkennung der geltend gemachten Beträge (12.000,– DM) im wesentlichen unter Hinweis auf die allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätze hinsichtlich der Verträge zwischen nahen Angehörigen wegen der seiner Auffassung nach mangelhaften Durchführung des Vereinbarten.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger vertreten die Auffassung, daß die geltend gemachten Versorgungsleistungen als Sonderausgaben zu berücksichtigen seien. Die Klägerin sei voraussichtlich Erbin der übergebenden Tante. Die einzelnen Beträge seien abweichend entrichtet worden, weil die Vermögensübergeberin wegen der Heimunterbringung in den Monaten August bis Dezember unterschiedliche höhere Aufwendungen verursacht habe. Daß zum Stichtag 31.12.1993 insgesamt 20.000,– DM, d.h. 8.000,– DM zusätzlich entrichtet worden seien, liege lediglich an der Bedürftigkeit der Vermögensübergeberin, deren Pensionseinkünfte nicht ausreichen würden, um die Kosten des Altersheims zu begleichen. Ferner seien in der Anfangszeit der Vertragsdurchführung über die vereinbarten Zahlungen hinaus weitere, unterschiedliche Beträge wegen fehlender Bankkonten und ähnlichem entrichtet worden. Da es in der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages begründet sei, auf geänderte Bedarfslagen angemessen zu reagieren und vorliegend die Schwankung der Höhe nach durch nachweisbare Umstände veranlaßt sei, dürfe insbesondere die Überzahlung im Jahre 1993 nicht zur steuerlichen Aberkennung der Versorgungsleistungen führen. Zu berücksichtigen sei auch, daß nach Verrechnung der überschüssig gezahlten 8.000,– DM mit den Zahlungen für Januar bis März 1994 im Jahre 1994 der laufende Monatsbetrag in Höhe von 3.000,– DM wiederkehrend pünktlich entrichtet worden sei. Es entspreche insbesondere dem Sinn und Zweck einer Vermögensübergabe, daß kurzfristige Bedürftigkeiten abgefedert würden. Zu beachten sei auch, daß keine zusätzliche Versorgungslast als Sonderausgaben beantragt worden sei.

Die Kläger vertreten weiterhin die Auffassung, daß der „Idealtypus einer übertragbaren Wirtschaftseinheit” sich im Zuge der Industrialisierung und der veränderten Vermögensarten gewandelt habe. Ein vermietetes Haus mit einem geschätzten Verkehrswert von ca. 35...

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