vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinnützigkeit einer Körperschaft, die sich politisch betätigt. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BVerfG: 1 BvR 697/21

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach dem vom 5. Senat des BFH vertretenen engen herkömmlichen Bildungsbegriff, der lediglich die Vermittlung von Informationen durch theoretische Unterweisung, z.B. in einer Art Schulunterricht, als Förderung der Volksbildung nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO ansieht, ist die Tätigkeit des Vereins durch den Aufruf zu konkreten Handlungen und das Aufstellen von Forderungen als Mittel zur Erlangung von Aufmerksamkeit für den gemeinnützigen satzungsmäßigen Zweck als gemeinnützigkeitsschädlich anzusehen.

 

Normenkette

AO § 52 Abs. 2 Nrn. 7, 24

 

Streitjahr(e)

2010, 2011, 2012

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.12.2020; Aktenzeichen V R 14/20)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nunmehr im 2. Rechtsgang darüber, ob der Kläger in den Jahren 2010 bis 2012 (Streitjahre) die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung als gemeinnützige Körperschaft erfüllt hat.

Der Kläger ist ein seit 20xx unter VR xxxx im Vereinsregister eingetragener Verein mit den Namen “B e.V.” (im Folgenden “Verein”). …

Der Zweck des Vereins ist nach § 2 der Satzung vom xx.xx.20xx und der

Satzung vom xx.xx.20xx

“die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Förderung des Schutzes der Umwelt und des Gemeinwesens, der Demokratie und der Solidarität unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung. Der Verein fördert die Völkerverständigung und den Frieden.”

§ 2 der Satzung bestimmt insoweit, dass der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge. Diese Zwecke sollen nach § 2 der Satzung durch folgende Maßnahmen verwirklicht werden:

  • “Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit i n der Bundesrepublik Deutschland zu den Themen Nord-Süd Differenz und Entwicklung, Umweltschutz und Nachhaltigkeit, Frieden, Völkerverständigung und weltweite Gerechtigkeit; hierzu gehören u.a.:

Veranstaltungen und Mit-Veranstaltung von Konferenzen,

  • Tagungen und sonstige Fach- und Publikumsereignissen zu den vorgenannten Themen,
  • erstellen und verbreiteten entsprechender Publikationen,
  • Bildungsarbeit an Schulen und Erstellung von Unterrichts-
  • materialen,
  • Durchführung von Seminaren und Bildungsveranstaltungen, wie zum Beispiel eine Sommerakademie,
  • Förderung wissenschaftlicher Projekte und Forschung zu den oben genannten Themen unter Mitwirkung eines Wissenschaftsbeirates;
  • Entwicklungs-, Umwelt- und Friedensbezogene internationale Begegnungen von Jugendlichen und Erwachsenen bei Seminaren, Sommercamps und themenbezogene Veranstaltungen;
  • Aufbau eines internationalen Kontakt-Informationsnetzes zur Förderung der in Abs. 1 genannten Ziele im Bereich der Entwicklungs-
  • politik, der Friedensarbeit und des Umweltschutzes im In- und
  • Ausland;
  • die finanzielle und ideelle Unterstützung konkreter Umwelt-, Entwicklungs- oder Friedensbezogener Projekte im In- und Ausland.“

Die Satzung wurde am xx.xx.2010 teilweise neu gefasst. § 2 der Satzung blieb unverändert. Im Einzelnen wird zu den Satzungen des Vereins auf die Akten

verwiesen.

Der Verein wurde zunächst mit Bescheinigung vom 09.03.2005 vom FA vorläufig als gemeinnützig anerkannt. Auch bei der Veranlagung des Vereins für die Jahre 2006 bis 2009 ging das FA davon aus, dass der Verein die Voraussetzungen der Steuerbefreiung als gemeinnützige Körperschaft erfülle. Es ergingen jedoch keine Freistellungsbescheide. Vielmehr veranlagte das FA den Verein mit dem vom Verein erklärten Einkünften aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Insoweit berücksichtigte das FA die vom Verein erklärten Ergebnisse des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (2006: Verlust i.H.v. x Euro, 2007: Verlust i.H.v. x Euro, 2008: Gewinn i.H.v. x Euro, 2009: Verlust i.H.v. x Euro). Entsprechend dieser Ergebnisse stellte das FA zum 31.12.2009 den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer und den vortragsfähigen Gewerbeverlust jeweils auf x Euro gesondert fest.

In den Jahren 2010 bis 2012 führte der Verein zahlreiche – in seinen Geschäftsberichten näher aufgeführte – Aktivitäten durch. Teils wurden die Aktivitäten durch themenspezifische Arbeitsgruppen teils durch (themenübergreifende) rund 170 unselbständige Regionalgruppen durchgeführt. Die Regionalgruppen erhielten für die Tätigkeit 30 % der in ihrer Region vereinnahmten Mitgliedsbeträge. Allerdings stammen die vom Verein vereinnahmten und an die Arbeits- und

Regionalgruppen weitergeleiteten Geldmittel im Wesentlichen nicht von echten Mitgliedern des Vereins. Echte Vereinsmitglieder waren vielmehr nur solche

Personen, die Mitglied in dem 60 Personen umfassenden sog. B-Rat waren. Zum Inhalt der Geschäftsberichte wird im Einzelnen auf die Akten (Bl. 9 ff. Körperschaftsteuerakten (KSt-Akten) 2010, Bl. 11 ff KSt-Akten 2011 und Bl. 6 ff KSt-Akten 2012) verwiesen.

In den Streitjahren beschäftigten sich sowohl die bundes...

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