Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage der Steuererklärung als Antrag auf schlichte Änderung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Einreichung der Steuererklärung nach Erlass eines Schätzbescheids innerhalb der Einspruchsfrist - ohne weitere Erklärung - ist als Antrag auf schlichte Änderung und nicht als Einspruch anzusehen.
  2. Soll mit der Abgabe der Steuererklärung eine weitere Willenserklärung auf Rechtsschutz beabsichtigt sein, muss dies klar und eindeutig aus dem Inhalt der Erklärung oder aus einer zusätzlich abgegebenen Erklärung hervor gehen.
 

Normenkette

AO § 172 Abs. 1 Nr. 2a; FGO § 41 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.02.2003; Aktenzeichen V R 87/01)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) die von der Klägerin nach dem Erlass des - im Schätzungswege ergangenen - Umsatzsteuerbescheides 1998 innerhalb der Einspruchsfrist eingereichte Umsatzsteuererklärung 1998 zu Recht als Antrag auf schlichte Änderung angesehen hat.

Nachdem die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keine Umsatzsteuer-Jahreserklärung 1998 abgegeben hatte, schätzte das FA die Umsatzsteuer 1998 durch Bescheid vom 18.4.2000 auf DM und setzte gleichzeitig einen Verspätungszuschlag in Höhe von DM fest. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer mit dem Einspruch angefochten werden kann.

Am 3.5.2000 reichte die Klägerin ohne weitere Erläuterung die Umsatzsteuererklärung 1998 ein, mit der sie einen Vergütungsanspruch in Höhe von DM geltend machte.

Das FA sah in der Einreichung der Umsatzsteuererklärung 1998 einen Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a) Abgabenordnung (AO) und bat die Klägerin mit Schreiben vom 10.5.2000 unter dem Betreff „Ihr Änderungsantrag vom 3.5.2000” u.a. um die Aufschlüsselung der sonstigen Erträge. Außerdem teilte das FA der Klägerin die Kürzungsabsicht für die geltend gemachten Vorsteuerbeträge mit und bat um die Nachreichung der Anlage UR. Hierfür setzte es eine Frist bis zum 2.6.2000.

Als die Klägerin bis zum 21.6.2000 hierauf nicht geantwortet hatte, erließ das FA unter dem 4.7.2000 einen Änderungsbescheid, in dem es unter Erhöhung der erklärten - steuerpflichtigen - Umsätze und Kürzung der geltend gemachten Vorsteuern die Umsatzsteuer auf DM und den Verspätungszuschlag auf … DM herabsetzte. In den Erläuterungen teilte das FA mit: „Hiermit erledigt sich Ihr Änderungsantrag vom 3.5.2000. Die Abweichungen von den erklärten Angaben wurden Ihnen am 10.5.2000 mitgeteilt. Auf meine Anfrage haben Sie nicht reagiert. Der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag wurde herabgesetzt. Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 18.4.2000”.

Durch das mit Poststempel vom 8.8.2000 versehene und am gleichen Tag beim FA eingegangene Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 24.7.2000 legte die Klägerin gegen den Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 4.7.2000 Einspruch ein und fügte eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 1998 bei, aus der sich ein Vergütungsanspruch in Höhe von DM ergab.

Das FA wies die Klägerin durch Schriftsatz vom 24.8.2000 darauf hin, dass der Umsatzsteuerbescheid 1998 am 4.7.2000 zur Post gegeben wurde und damit am 7.7.2000 als bekanntgegeben gilt. Da der Einspruch erst am 8.8.2000 beim FA eingegangen war, sei der Einspruch verfristet und damit unzulässig. Durch Einspruchsentscheidung vom 17.10.2000 verwarf das FA daher den Einspruch als unzulässig.

Mit der am 20.11.2000 bei Gericht eingereichten Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtschutzbegehren weiter.

Sie ist der Ansicht, die Abgabe der Umsatzsteuererklärung am 3.5.2000 sei gemäß § 357 Abs. 1 Satz 4 AO als Einspruch zu betrachten, zumal die Klägerin erst seit dem 30.06.2000 steuerlich beraten werde. Dabei beruft sie sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.4.1967 (Bundessteuerblatt -BStBl- III 1967, 382) dem ein Parallelfall zugrunde liege. Das BFH-Urteil vom 21.2.1991 V R 25/87 (BStBl II 1991, 496ff) sei dagegen nicht einschlägig, weil es im Zusammenhang mit dem Urteil vom 21.2.1991 V R 2/87 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1992, 44) gesehen werden müsse, in dem der BFH entschieden habe, dass die Abgabe einer Steuererklärung nach Erlass einer Einspruchsentscheidung keine förmliche Klage sei. Für das Einspruchsverfahren könne diese Entscheidung jedoch nicht herangezogen werden, da förmliche Anforderungen für das Einspruchsverfahren grundsätzlich nicht bestünden. In seinem Urteil vom 21.2.1991 V R 25/87 (BStBl II 1991, 496ff) habe der BFH zwar entschieden, dass die Einreichung einer Umsatzsteuer-Erklärung als Antrag auf schlichte Änderung anzusehen sei, der dort entschiedene Sachverhalt unterscheide sich jedoch wesentlich von dem streitgegenständlichen Sachverhalt, da die Steuererklärung im Streitfall bereits nach dem Erlass des Umsatzsteuerbescheides und nicht erst nach Erlass der Einspruchsentscheidung eingereicht worden sei. Ob die Abgabe einer Steuererklärung nach Schätzung innerhalb der Einspruchsfrist als Einspruch zu we...

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