vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei cum- /ex- Aktiengeschäften

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Aktienkäufer hat bei außerbörslichen (OTC-) Aktiengeschäften um den Dividendenstichtag die cum Dividende abgeschlossen und ex Dividende beliefert werden (cum-/ex- Aktiengeschäfte) keinen Anspruch auf Anrechnung der vom Emittenten auf die originäre Dividende erhobenen Kapitalertragsteuer.
  2. Bei außerbörslichen Aktiengeschäften geht das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst im Zeitpunkt der Belieferung auf den Aktienkäufer über.
  3. Auch bei börslichen Geschäften über den zentralen Kontrahenten (CCP) erfolgt ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht bereits mit Abschluss der schuldrechtlichen Verträge.
  4. Die juristische Auslegungsmethodik lässt ausgehend vom Wortlaut des § 39 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AO und der Regel-Ausnahme-Systematik der Norm nur eine einmalige Zurechnung eines Wirtschaftsgutes an ein Steuersubjekt zu. Mehrfaches wirtschaftliches Eigentum an Aktien ist denklogisch ausgeschlossen.
  5. Soweit der BFH in seinem Urteil vom 15.12.1999, I R 29/97 einen vorzeitigen Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums von Aktien mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages annimmt, liegen die Voraussetzungen an die der BFH diese Rechtsfolge knüpft aufgrund der Börsenusancen nur bei Verkäufen über die Börse durch einen privaten Bestandsverkäufer vor.
  6. Bei der in der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz gemachten Aussage zum wirtschaftlichen Eigentum handelt es sich vor dem Regelungshintergrund der Einführung eines neuen Einkünftetatbestands in § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG um eine bei Gelegenheit geäußerte Rechtsansicht („ obiter dictum”), die nach den juristischen Auslegungsregeln nicht dem Willen des Gesetzgebers zugerechnet werden kann.
  7. Ein Anspruch auf Anrechnung von Kapitalertragsteuer auf Dividendenkompensationszahlungen besteht für den Aktienkäufer nicht, wenn durch die inländische Depotbank des Aktienverkäufers keine Kapitalertragsteuer erhoben wurde.
  8. Eine Verrechnung von Aktienverkäufen mit gleichartigen Aktienkäufen auf der Ebene der inländischen Depotbank ist rechtswidrig. Nach der gesetzlichen Regelung (§ 44 Abs. 1 EStG) ist die Kapitalertragsteuer auf Dividendenkompensationszahlungen auf jeder Handelsstufe zu erheben.
 

Normenkette

EStG § 36 Abs. 2 Nr. 2, § 44 Abs. 1, § 44 a Abs. 2-3; AO § 39 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2008

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2008 i.H.v. x EUR auf im Rahmen von Aktiengeschäften über den Dividendenstichtag erworbenen Aktien (sog. cum/ex-Erwerbe).

Die Klägerin, ein in … ansässiges unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtiges Kreditinstitut, ist Rechtsnachfolgerin der A-Bank, die an den streitigen Aktiengeschäften als Aktienkäufer beteiligt war. …

Mit der die A-Bank betreffende Körperschaftssteuererklärung 2008 vom 30.09.2009 begehrte die Klägerin die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen in Höhe von x EUR Kapitalertragssteuer zzgl. x EUR Solidaritätszuschlag. Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß entsprechend der vorgelegten Körperschaftsteuererklärung 2008 und setzte die Körperschaftsteuer unter dem Vorhalt der Nachprüfung mit 0,-- EUR fest . Mit Anrechnungsverfügung im gleichen Bescheid rechnete es die geltend gemachte Kapitalertragsteuer und den Solidaritätszuschlag an und erstattete die Steuerabzugsbeträge.

Die Anrechnung erfolgte ausdrücklich unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Nach Durchführung einer Außenprüfung bei der Klägerin betreffend die A-Bank änderte der Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2011 die Anrechnungsverfügung gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO und kürzte die im Steuerbescheid vom 03.11.2009 in Anrechnung gebrachte Kapitalertragsteuer um x EUR sowie den Solidaritätszuschlag um x EUR. Gegen die geänderte Anrechnungsverfügung wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den der Beklagte als Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheides wertete. Mit daraufhin am 25.08.2011 erlassenem Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO bestätigte der Beklagte den Inhalt des aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheides. Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichte sie eine berichtigte Steuererklärung für 2008 für die A-Bank ein. Der Beklagte erließ sodann im Rahmen des Einspruchsverfahrens am 05.04.2013 erneut einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid in dem die Körperschaftssteuer weiterhin mit 0 EUR festgesetzt wurde und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zusätzlich änderte der Beklagte mit Bescheid vom 05.04.2013 den Abrechnungsbescheid aus Gründen, die nicht die streitgegenständlichen Geschäfte betrafen. Den nach Erlass der Änderungsbescheide aufrechterhaltenen Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 15.04.2014 zurück. Mit der vorliegenden Klage wendet sich die Kl...

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