vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kapitalertragsteueranrechnung bei außerbörslichen Aktiengeschäften

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Beim außerbörslichen Erwerb börsennotierter Aktien wird wirtschaftliches Eigentum an den Aktien regelmäßig nicht bereits mit Abschluss der schuldrechtlichen Vereinbarung erworben. Der Eigentumsübergang tritt erst im Zeitpunkt der Lieferung der Aktie ein.
  2. Eine Erhebung der Kapitalertragsteuer i.S. des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG liegt nicht bereits mit Auszahlung der Nettodividende / Dividendenkompensationszahlung an die inländische Depotbank des Aktienkäufers vor. Erforderlich ist zusätzlich, dass die mit der Nettodividende / Kompensationszahlung belastete Depotbank des Verkäufers den Bruttodividendenbetrag erhalten hat, von der die Steuer einzubehalten ist. Auf die tatsächliche Abführung der Steuer durch die Depotbank an die Finanzbehörde kommt es dagegen nicht an.
  3. Dem die Anrechnung der Kapitalertragsteuer begehrenden Aktienkäufer obliegt die Feststellungslast für die Erhebung der Abzugssteuer.
  4. Die Kapitalertragssteuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 o. 3 EStG liefert bei Zahlungen der Nettodividende durch eine inländische Depotbank lediglich einen Anscheinsbeweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer.
  5. Für Geschäfte, bei denen die Aktien außerbörslich einschließlich eines Dividendenanspruchs erworben werden, deren Belieferung allerdings abweichend von der Vereinbarung erst nach dem Dividendenbeschlusstag erfolgt, wird dieser Anscheinsbeweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer regelmäßig erschüttert und kommt nicht zum Tragen. Dies gilt zumindest dann, wenn keine sog. Berufsträgerbescheinigung für die Aktiengeschäfte erteilt wird. In diesen Fällen obliegt es dem die Anrechnung begehrenden Aktienkäufer, den Vollbeweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer zu führen.
 

Normenkette

EStG § 36 Abs. 2 Nr. 2, § 45a Abs. 2, 3, § 44 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 4; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2010

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die gesonderte Feststellung anrechenbarer Kapitalertragsteuer in Höhe von € und Solidaritätszuschlag in Höhe von € auf Ausschüttungen aus erworbenen Aktien im Streitjahr 2010.

Die Klägerin ist empfangsbevollmächtigte Gesellschafterin einer atypisch stillen Gesellschaft. Neben der Klägerin, …, die das Kreditgewerbe im Außenverhältnis betreibt und die über eine Ergebnisbeteiligung von ... % verfügt, sind die Z GmbH mit einem Ergebnisanteil von ... %, der Y-Verband mit einem Ergebnisanteil von ... % sowie die X GmbH und Co. OHG mit einem Ergebnisanteil von ... % als atypisch stille Gesellschafter an der stillen Gesellschaft beteiligt. Nach der Satzung dient die im Außenverhältnis auftretende Klägerin den Zwecken der Y-Organisation. Dabei ist sie deren zentraler Asset Manager und betreibt insbesondere als zentraler Fondsdienstleister über Tochtergesellschaften das Privatkundeninvestmentfondsgeschäft der Y-Organisation. Die Geschäftstätigkeit der Klägerin gliederte sich im Jahr 2010 in die Bereiche Asset Management Kapitalmarkt, Asset Management Immobilien, Corporates & Markets sowie Vertrieb Y. Im Geschäftsbereich Corporates & Markets betreibt die Klägerin auch Aktien-und Rentenhandel. Dort unterhielt sie eine Abteilung STP zur Erzielung von Erträgen aus gesicherten Wertpapiergeschäften. Ausweislich des Untersuchungsberichts von U vom 14.06.2011 (Blatt ...) bestand die Tätigkeit der Abteilung u.a. in der Nutzung von Ertragschancen durch die Redomilizierung von Aktien über den Dividendenstichtag zur Vermeidung nachteiliger Quellensteuerbehandlung für Dritte (siehe im Einzelnen ...).

Im Feststellungszeitraum 2010 schloss die Klägerin in erheblichem Umfang Kaufgeschäfte über girosammelverwahrte Aktien deutscher Emittenten in zeitlicher Nähe zum Hauptversammlungstag. Direkter Vertragspartner der Klägerin waren verschiedene Brokerhäuser. Nach den Beschlüssen des Vorstandes vom 23. April und 25.11.2009 (Anl. ...) sollen Aktienerwerbe in zeitlicher Nähe zum Dividendentermin nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn der Erwerb der Aktien spätestens drei (Börsen-)Tage vor dem Dividendenbeschlusstag der Aktiengesellschaften, die Einbuchung dieser Aktien spätestens bis zum Vortag des Tages der Hauptversammlung, die Rückveräußerung der Aktien frühestens 3 Tage nach dem Tag der Hauptversammlung erfolgt und die Haltedauer der über den Dividendenstichtag erworbenen Aktien mindestens 20 Tage beträgt.

Nach den Geschäftsunterlagen der Klägerin kaufte sie im Streitjahr Aktien von der J Bank AG („J”) mit Sitz in Stadt A zu einem Kaufpreis von insgesamt €. In einem wesentlich kleineren Umfang wurden Aktien von der K Group, London („K”) in Höhe eines Gesamtkaufpreises von ... € und von der L Securities Limited, London („L”) zu einem Gesamtkaufpreis von ... € erworben.

Die Geschäfte wurden in der Regel mindestens drei Tage vor dem Tag der Hauptversammlung mit einer vereinbarten Lieferung von je t+2 getätigt, so dass die Aktien...

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