Rz. 1

Das Handelsrecht fordert über § 246 Abs. 1 Sätze 1, 2 HGB, dass insbesondere alle Vermögensgegenstände, die im zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum des Unternehmers stehen, im entsprechenden Jahresabschluss bzw. in der Bilanz aufzuführen sind. Neben dem Ansatz dem Grunde nach, richtet sich der erstmalige Ansatz der Höhe nach an § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB und dem Grundsatz der Einzelbewertung gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB aus. Demnach hat die Zugangsbewertung bzw. Ausgangsbewertung von Vermögensgegenständen[1] des Anlage- und Umlaufvermögens maximal mit den entsprechenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu erfolgen.[2] Die Begrifflichkeiten Anschaffung und Herstellung respektive die damit in Zusammenhang stehenden Kosten sind daher zunächst zu separieren. Eine Herstellung liegt vor, wenn der Kaufmann einen Vermögensgegenstand auf eigene Rechnung und Gefahr selbst herstellt oder herstellen lässt und den Herstellungsvorgang stets beherrscht.[3]

 

Rz. 2

Der Anschaffungs- sowie der Herstellungskostenbegriff sind jeweils in § 255 HGB legal definiert. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB versteht unter Anschaffungskosten Aufwendungen, die geleistet werden, um den Vermögensgegenstand zu erwerben und diesen auch in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Dabei sind gleichfalls Anschaffungsnebenkosten und nachträgliche Anschaffungskosten sowie einzeln zurechenbare Anschaffungspreisminderungen zu berücksichtigen (§ 255 Abs. 1 Sätze 2, 3 HGB).

 

Rz. 3

Dagegen sind gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB Herstellungskosten diejenigen Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für den Grundfall der Herstellung des Vermögensgegenstandes tatsächlich entstehen. Unter die gesetzliche Definition der Herstellungskosten fallen ebenso Aufwendungen für die Erweiterung oder für die über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung des Vermögensgegenstandes. Die Aufzählung der zu erfüllenden Tatbestandsmerkmale zur Charakterisierung als Herstellungskosten ist insofern als abschließend anzusehen.[4] Neben der (Neu-)Herstellung führt somit auch die wesentliche Verbesserung eines bisherigen Vermögensgegenstandes zu Herstellungskosten. Der annähernd gänzliche Teil der Literatur sieht unter den beiden letztgenannten Punkten im Wesentlichen einen Zusammenhang mit Gebäuden. Diesbezüglich erfolgen Ausführungen dazu im Kontext der Darstellung der Besonderheiten bei Gebäuden (Rz. 58 ff.).

 

Rz. 4

Zum einen kann dabei der Verbrauch von Gütern durch Verarbeitung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen beim Herstellungsvorgang und Abschreibung der beim Herstellungsvorgang eingesetzten Fahrzeuge, Geräte und Maschinen sowie der Fertigungsgebäude, in denen die vorgenannten Vermögensgegenstände bereitgehalten werden, erfolgen. Zum anderen umfasst die Inanspruchnahme von Diensten im Wesentlichen die Beschäftigung von Arbeitnehmern beim Herstellungsvorgang. Insgesamt kann somit von den Herstellungsmitteln gesprochen werden.

 

Rz. 5

 
  Herstellungskosten sind Aufwendungen für
Herstellungsmittel

Verbrauch von Gütern

Inanspruchnahme von Diensten
Herstellungsergebnis

(Neu-)Herstellung

Erweiterung

Wesentliche Verbesserung
 

Rz. 6

Von der Herstellung eines Vermögensgegenstandes wird unter anderem ausgegangen, wenn ein bisher noch nicht oder nicht in dieser Form existierender bestehender Vermögensgegenstand neu geschaffen wird.[5] Dieser Vorgang wird daher auch als Neuherstellung, Neuerstellung, Erstherstellung oder Neuschaffung bezeichnet. Dieser Grundtatbestand kommt insbesondere bei der Herstellung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens vor, z. B. bei der Produktion von zum Verkauf bestimmter Erzeugnisse. Des Weiteren können aber auch Vermögensgegenstände des mobilen und immobilen Anlagevermögens vom Unternehmer selbst gefertigt werden. Er kann selbst Herr des Herstellungsverfahrens sein, wenn er sich im Rahmen der Fertigung der Hilfe anderer Unternehmer bedient. Auch in diesen Fällen handelt es sich um eine Neuherstellung. Beispielhaft sei hier auf die Errichtung eines Gebäudes hingewiesen.

 

Rz. 7

Über die (erstmalige) Neuherstellung hinaus wird vom Begriff der Herstellung auch die sogenannte Zweitherstellung erfasst.[6] Hierunter wird der Vollverschleiß eines Vermögensgegenstandes unter Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen – landläufig Generalüberholung – genauso wie dessen Wiederherstellung verstanden.[7] Ebenfalls ist unter einer Zweitherstellung auch die Wesensänderung eines nicht gänzlich verbrauchten Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens zu verstehen.

 

Rz. 8

Die Zustandsannahme des Vollverschleißes setzt voraus, dass der Vermögensgegenstand vollends abgenutzt und verbraucht, mithin gänzlich unbrauchbar ist. Die Aufwendungen dienen dazu, den Vermögensgegenstand sodann wieder in einen nutzbaren Zustand zu versetzen. Dadurch wird ein eigentlich so nicht mehr existenter Vermögensgegenstand hergestellt und erneut nutzbar gemacht. Die Aufwendungen führen zu einem der erstmaligen Neuherstellung ...

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