Leitsatz

Die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme (Katalogberufe) oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 14 UStG). Eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit lag nach bisheriger Auffassung aber nur vor, wenn sie in wesentlichen Merkmalen mit einer der vorgenannten Katalogberufe vergleichbar ist. Dies setzte für den jeweiligen Einzelfall eine berufsrechtliche Regelung voraus (über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung, staatliche Erlaubnis, Überwachung der Berufsausübung). Das Fehlen einer berufsrechtlichen Regelung führte deshalb selbst bei Vorliegen einer heilberuflichen Tätigkeit zur Steuerpflicht. Dies war z. B. der Fall bei der Berufsgruppe der selbstständigen Heileurythmist .

Nach Auffassung des BVerfG verstößt dies jedoch gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Zwar könne eine berufsrechtliche Regelung für die Einschätzung einer beruflichen Qualifikationshöhe geeignet sein. Ihr Fehlen gebe für sich allein betrachtet noch keinen ausreichenden Anhalt dafür, eine Ähnlichkeit mit einem der in § 4 Nr. 14 UStG ausdrücklich genannten Katalogberufe zu verneinen. Vielmehr bezwecke die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 UStG allein die Entlastung der Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer. Deshalb liege Steuerbefreiung vor, wenn die Leistungen des jeweiligen Heilberufs von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden, auch bei Nichtvorliegen einer berufsrechtlichen Regelung.

 

Link zur Entscheidung

BVerfG, Beschluss vom 29.10.1999, 2 BvR 1264/90

Anmerkung

Anmerkung: Das BVerfG hat das anderslautende Urteil des BFH v. 21. 6. 1990, V R 97/84 aufgehoben und die Sache wieder an den BFH zurückverwiesen. Am Wegfall der berufsrechtlichen Regelung als Voraussetzung für die Steuerbefreiung dürfte sich jedoch nichts mehr ändern. Offen ist jedoch noch, ob allein die Finanzierung der Leistungen durch die Sozialversicherungsträger schon zur Steuerfreiheit führt.

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