Unabhängig von der zivilrechtlichen Gestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Handelsvertreter und dem Auftraggeber ist steuerlich zu klären, ob der Handelsvertreter selbstständig oder nichtselbstständig tätig ist. Dabei kommt es nicht allein auf die vertragliche Bezeichnung, die Art der Tätigkeit oder die Form der Entlohnung an. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse.

Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 EStG definiert den Gewerbebetrieb als selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.

Ist der Handelsvertreter selbstständig tätig, gehören alle Einnahmen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, die mit seiner Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Hält z. B. ein Versicherungsvertreter für andere Außendienst-Versicherungsvertreter Schulungen und erhält dafür ein Honorar, ist er als beratender Gewerbetreibender und nicht als selbstständig unterrichtend tätiger Freiberufler zu qualifizieren.[1]

1.1 Selbstständigkeit

Von der Selbstständigkeit der Tätigkeit kann ausgegangen werden, wenn der Gewerbetreibende auf eigene Rechnung (Unternehmerrisiko) und auf eigene Verantwortung (Unternehmerinitiative) tätig wird.[1]

Bei einem Reisevertreter ist im Allgemeinen Selbstständigkeit anzunehmen, wenn er die typische Tätigkeit eines Handelsvertreters i.  S.  d. § 84 HGB ausübt, d.  h. Geschäfte für ein anderes Unternehmen vermittelt oder abschließt und ein geschäftliches Risiko trägt.

Nichtselbstständigkeit kann gegeben sein, wenn der Reisevertreter in das Unternehmen seines Auftraggebers derart eingegliedert ist, dass er dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ob eine derartige Unterordnung unter den geschäftlichen Willen des Auftraggebers vorliegt, richtet sich nach der von dem Reisevertreter tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und der Stellung gegenüber seinem Auftraggeber.[2]

1.2 Nachhaltigkeit

Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist.[1] Bei erkennbarer Wiederholungsabsicht kann bereits eine einmalige Handlung den Beginn einer fortgesetzten Tätigkeit begründen.[2]

1.3 Gewinnerzielungsabsicht

Gewinnerzielungsabsicht ist als Streben nach Erzielung eines Totalgewinns, d.  h. eines positiven Gesamtergebnisses des Betriebs, von der Gründung bis zur Einstellung, zu verstehen.

Bei längeren Verlustperioden muss für das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt.[1]

In einem solchen Fall ist die Tätigkeit als Liebhaberei einzustufen; eine steuerliche Berücksichtigung der Verluste kommt nicht in Betracht. Dies trifft auch auf Verluste der Anlaufzeit zu, wenn die Tätigkeit von Anfang an ungeeignet ist, auf Dauer einen Gewinn zu erzielen.[2]

1.4 Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr

Die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr erfordert, dass der Handelsvertreter mit seiner Tätigkeit nach außen hin in Erscheinung tritt, d.  h. dass er sich mit ihr an eine – wenn auch begrenzte – Allgemeinheit wendet und damit seinen Willen zu erkennen gibt, ein Gewerbe zu betreiben.[1]

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