Leitsatz

Ein Geschäftsführer einer GmbH haftet für unberechtigt ausgewiesene Steuer auch einer der in der Rechnungskette davor liegenden Firma, wenn er maßgeblich lenkend an einem Umsatzsteuerkarussell mitgewirkt hat.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH, die in einem organisierten Umsatzsteuerkarussell an einem erheblichen Umsatzsteuerbetrug beteiligt war. Der Kläger hatte mit seiner Firmengruppe die Unternehmen und jeweils eine bestehende Unternehmensinfrastruktur eingebracht, mit Hilfe derer die Tat überhaupt hätte begangen werden können. Er hatte zudem die Finanzplanung vorgenommen und die letzte Entscheidungsgewalt für seinen Einflussbereich gehabt. Vom Landgericht Hamburg war der Kläger wegen Steuerhinterziehung zu mehr als sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden (Revisionen wurden vom BGH als unbegründet verworfen).

Das Finanzamt erließ für die nicht abgeführte Umsatzsteuer einer in der fingierten Leistungskette vorgelagerten Firma gegen den Kläger einen Haftungsbescheid für nicht abgeführte Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG, da die Vollstreckung bei der vorgeschalteten Firma erfolglos geblieben sei.

Der Kläger legte dagegen Einspruch ein. Er sei nicht Geschäftsführer der vorgeschalteten Firma gewesen und habe keinen Einfluss auf deren Voranmeldungen genommen. Außerdem waren von seiner GmbH Gelder an die vorgeschaltete Firma gezahlt worden. Es fehle somit auch an einem Kausalzusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung und dem eingetretenen Steuerausfall, weil die vorgeschaltete Firma ausreichend mit Mitteln versorgt worden sei.

 

Entscheidung

Die Klage wurde vom FG als unbegründet abgewiesen.

Der gegenüber A ergangene Haftungsbescheid ist rechtmäßig. Er beruht auf § 191 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 71 AO. Nach § 71 AO haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO, wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Der Haftungsschuldner kann gem. § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Der Kläger war ausweislich der rechtskräftigen Urteile wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Nach den Feststellungen der Beklagten wie auch der Strafgerichte fehlte der vorgeschalteten Firma als bloßer Scheinfirma die Unternehmereigenschaft i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG, sodass sie gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG die in den Rechnungen an GmbH des Klägers - unstreitigen - ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge schuldet, ohne einen Vorsteuerabzug vornehmen zu können.

Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Feststellungen und Ausführungen der genannten Gerichtsentscheidungen haftet der Kläger nach § 71, § 370 Abs. 1 Nr. 1, 2 AO, § 25 Abs. 2, § 27 Abs. 1 StGB wegen mittäterschaftlich begangener und Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG von der vorgeschalteten Firma geschuldeten Umsatzsteuerbetrag aus den Rechnungen an die GmbH.

Auch liegen keine Ermessensfehler i.S.d. § 102 FGO bei der Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner nach § 191 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 71 AO vor. Der Beklagte weist in der Einspruchsentscheidung zutreffend darauf hin, dass sowohl das Entschließungs- als auch das Auswahlermessen im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat in der Weise vorgeprägt ist, das die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sind. Einer besonderen Begründung der Ermessensbetätigung bedarf es in diesen Fällen nicht.

 

Hinweis

Das FG hat keine Revision gegen das Urteil zugelassen. Allerdings ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden (BFH VII B 190/12).

Die Möglichkeit, wegen § 14c Abs. 2 UStG eine unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer zu schulden, kann nicht nur den unmittelbaren Aussteller einer Rechnung treffen. Wer im Rahmen eines "Umsatzsteuerkarussell" oder eines anderen Umsatzsteuerbetrugs bewusst an der Hinterziehung von Umsatzsteuer mitwirkt, kann nach durch Haftungsbescheid für die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer in Anspruch genommen werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 06.09.2012, 2 K 232/11

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge