Leitsatz

Ein Steuerberater darf wegen der "beruflichen Normalität" seines Handels auf die Legalität des fremden Tuns seiner Mandanten vertrauen, es sei denn, das von dem Berater erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten ist derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung "die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein lässt".

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Steuerberater und betreute ab 2007 die X-GmbH, die u. a. mit Schrott handelte, umfassend. Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung und Steuerfahndungsprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die GmbH in ein Umsatzsteuerbetrugsmodell eingebunden war und in erheblichem Umfang Umsatzsteuern hinterzogen hat.

Im Jahr 2012 nahm das Finanzamt den Kläger für rückständige Umsatzsteuervorauszahlungen der GmbH nach § 71 AO in Haftung. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe aktiv Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen der GmbH geleistet, indem er seinen Mitarbeiter angewiesen habe, als Scheinrechnungen zu qualifizierende Eingangsrechnungen als Wareneingang mit Vorsteuer zu buchen.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht entscheidet, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme des Klägers vorgelegen haben, weil er Beihilfe zu einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung in Bezug auf die Umsatzsteuervorauszahlungen der X-GmbH geleistet hat.

Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen. Bei der Mitwirkung von Angehörigen der steuerberatenden Berufe an der Erstellung von Steueranmeldungen und Steuererklärungen hält die höchstrichterliche Rechtsprechung eine "bewertende Betrachtung im Einzelfall" für geboten.

Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als vorsätzliche Hilfeleistung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den Alltagscharakter. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfebehandlung zu beurteilen.

Vorliegend hat der Kläger nach Aufdeckung der Steuerhinterziehung durch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung die sofortige Durchführung einer die Folgezeiträume betreffende Anschlussprüfung durch bewusst wahrheitswidrige Erklärungen verhindert und es damit der GmbH ermöglicht, die zunächst in der Buchführung erfassten fingierten Eingangsrechnungen eines vermeintlichen Lieferanten durch solche eines anderen Lieferanten zu ersetzen. Zugleich hat der Kläger seinen Mitarbeiter angewiesen, die diesem von der GmbH übergebenen "Austauschrechnungen" des "neuen" Lieferanten in die Buchführung der GmbH zu übernehmen und dabei den Austausch nicht durch eine offene Korrektur, sondern unter Verstoß gegen die Vorschrift des § 146 AO so vorzunehmen, dass die ursprünglichen Buchungsunterlagen (Rechnungen des "alten" Lieferanten) später nicht mehr erkennbar waren. Darüber hinaus hat der Kläger zu seiner eigenen Entlastung durch nachweislich nachträglich erstellte und rückdatierte Schreiben den Inhalt der Mandantenakte der GmbH bewusst verfälscht. Nach alledem hat der Kläger vorsätzlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet hat.

 

Hinweis

Der Kläger hat zwischenzeitlich unter dem Az. VII R 29/18 die vom Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt. Es muss nunmehr abgewartet werden, wie der Bundesfinanzhof die Sache sieht. Im Übrigen erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Verhalten des Klägers für ihn als Steuerberater auch berufsrechtliche Konsequenzen hat.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.03.2018, 9 K 9306/12

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