Wird im Rahmen einer Erbauseinandersetzung ein Nachlass real geteilt und erhält ein Miterbe wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und zahlt er für dieses "Mehr" an seine Miterben eine Abfindung, liegt insoweit ein Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang vor. In Höhe der Abfindungszahlung entstehen Anschaffungskosten.[1] Das gilt auch, soweit sich die Erbengemeinschaft durch Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft auseinandersetzt. Wird ein Wirtschaftsgut gegen Abfindungszahlung erworben, berechnen sich der entgeltlich und der unentgeltlich erworbene Teil des Wirtschaftsguts nach dem Verkehrswert.[2] In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass der Verkehrswert dem Wert entspricht, den die Miterben der Erbauseinandersetzung zugrunde legen.[3]

Nach der Erbauseinandersetzung ist hinsichtlich der weiteren Abschreibung zwischen dem unentgeltlich erworbenen Teil des Wirtschaftsguts und dem entgeltlich erworbenen Teil zu unterscheiden.

Auf den unentgeltlich erworbenen Teil ist § 11d Abs. 1 EStDV anzuwenden. Der Miterbe führt die von der Erbengemeinschaft vorgenommene Abschreibung anteilig fort.

Soweit der Miterbe das Wirtschaftsgut entgeltlich erworben hat, sind der weiteren AfA seine Anschaffungskosten zugrunde zu legen. Für den entgeltlich erworbenen Teil des Wirtschaftsguts bemessen sich die AfA bei Gebäuden nach den hierfür geltenden Vorschriften; i. d. R. kommt die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG zum Tragen.

Danach kann sich bei Gebäuden für den unentgeltlich und den entgeltlich erworbenen Teil eine unterschiedliche Abschreibungsdauer ergeben.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1
Realteilung mit Abfindungszahlung

Erben sind S und T zu je 1/2. Zum Nachlass gehören ein bebautes Grundstück (Verkehrswert Grund und Boden 500.000 EUR, Gebäude 1,5 Mio. EUR) und Bargeld (1 Mio. EUR). Die ursprünglichen Anschaffungskosten des Gebäudes i. H. v. 2 Mio. EUR sind bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft am 1.1.2023 bereits mit jährlich 2 % bis auf 800.000 EUR abgeschrieben. S erhält das Grundstück und zahlt an T eine Abfindung i. H. v. 500.000 EUR. T erhält das Bargeld und die Abfindung.

Es liegt eine Realteilung mit Abfindungszahlung vor. Es handelt sich somit um 2 Rechtsgeschäfte:

  • Auseinandersetzungsanspruch,
  • Abfindungsvereinbarung.

Soweit der Auseinandersetzungsanspruch reicht, liegt ein unentgeltlicher Erwerb vor. Soweit die Abfindung reicht, liegt ein entgeltlicher Erwerb vor. Die Abfindung wird nicht für das gesamte Grundstück, sondern für das wertmäßige "Mehr" geleistet, das er bei der Erbteilung erhalten hat.

S hat das Grundstück im Verhältnis Abfindungszahlung (0,5 Mio. EUR) zum Wert des übernommenen Vermögens (2 Mio. EUR), also zu 1/4 entgeltlich erworben. Die Abfindungszahlung ist im Verhältnis der Verkehrswerte (Grund und Boden 0,5 Mio. EUR = 1/4 und Gebäude 1,5 Mio. EUR = 3/4) aufzuteilen.

Die beiden AfA-Reihen stellen sich wie folgt dar:

 
    3/4 unentgeltlich
Anschaffungskosten 2.000.000 EUR
./. bisherige AfA 2 % ./. 1.200.000 EUR
31.12.2022 800.000 EUR
./. 3/4 unentgeltlich ./. 600.000 EUR
./.

AfA 2 % v. 1,5 Mio. EUR

(3/4 von 2 Mio. Anschaffungskosten des Erblassers)
./. 30.000 EUR
31.12.2023 570.000 EUR
   
  1/4 entgeltlich
Ausgleichszahlung 500.000 EUR
1/4 Grund und Boden 125.000 EUR
AfA-BMG (= AfA-Volumen) 375.000 EUR
./. AfA 2 % ./. 7.500 EUR
31.12.2023 367.500 EUR

Erhält ein Miterbe bei der Erbauseinandersetzung mehrere Wirtschaftsgüter aus dem Nachlass und muss er hierfür eine Abfindung an die restlichen Miterben leisten, muss die Abfindung zugeordnet werden. Dabei ist die Abfindung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der erhaltenen Wirtschaftsgüter aufzuteilen.[4]

Erhalten bei einer Erbauseinandersetzung mit Abfindungszahlungen mehrere Miterben Wirtschaftsgüter des Nachlasses, sind die Anschaffungskosten ebenfalls im Verhältnis der Verkehrswerte auf die erlangten Nachlassgegenstände zu verteilen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2
Realteilung mit Abfindungszahlung

Erben sind A und B zu je 1/2. Zum Nachlass gehören das Grundstück 1 (Verkehrswert 800.000 EUR) und das Grundstück 2 (Verkehrswert 400.000 EUR). A übernimmt beide Grundstücke und zahlt an B 600.000 EUR.

Die Abfindungszahlungen sind Anschaffungskosten, die mit 400.000 EUR für den Erwerb des hälftigen Anteils am Grundstück 1 und mit 200.000 EUR für den Erwerb des hälftigen Anteils am Grundstück 2 aufgewendet worden sind.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 3
Aufteilung der Abfindung nach dem Verhältnis der Verkehrswerte

A und B sind Erben zu 1/2. Zum Nachlass gehören:

 
  Anschaffungskosten Verkehrswert
Grundstück 1 120.000 EUR 200.000 EUR
Grundstück 2 250.000 EUR 400.000 EUR
Grundstück 3 80.000 EUR 100.000 EUR

A und B setzen sich dahin gehend auseinander, dass A das Grundstück 1 und B die Grundstücke 2 und 3 erhält. B leistet an A eine Abfindung i. H. v. 150.000 EUR.

Es liegt eine Realteilung mit Abfindungszahlung vor. Soweit der Auseinandersetzungsanspruch reicht, liegt ein unentgeltlicher Erwerb vor. Soweit die Abfindung reicht, liegt ...

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