Unter dem normalen Rohertrag eines bebauten Grundstücks, ist nach § 34 Abs. 1 Satz 3 GrStG die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums (Kalenderjahres) geschätzte übliche Jahresmiete zu verstehen. Die übliche Jahresmiete ist in Anlehnung an die Miete zu ermitteln, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Betriebskosten sind nicht zu berücksichtigen.[1]

 
Hinweis

Begriffsbestimmung trägt zur Verwaltungsvereinfachung bei

Mit dieser Begriffsbestimmung wurde die Verwaltungsvereinfachung, die mit der Neufassung des bisherigen § 33 Abs. 1 GrStG im Rahmen des JStG 2009[2] mit Wirkung zum 1.1.2008 erreicht wurde, erhalten. Durch die generelle Anknüpfung an die zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete ist für die Bestimmung des normalen Rohertrags insbesondere nicht mehr relevant, ob zu Beginn des Kalenderjahres (Erlasszeitraums) eine Vermietung oder ein Leerstand vorliegt und welche Mieteinnahmen für die tatsächlich überlassenen Räume erzielt werden. Gegenstandslos ist darüber hinaus die Frage, ob das bebaute Grundstück im Ertrags- oder Sachwertverfahren zu bewerten ist. Anderseits trägt die Begriffsbestimmung dem Umstand Rechnung, dass die – umlagefähigen – Betriebskosten nach § 2 der Betriebskostenverordnung regelmäßig nicht in den Rohertrag einzubeziehen sind.[3]

Ausgehend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der (noch) bis einschließlich des Kalenderjahres 2024 neben der Feststellung der Grundsteuerwerte geltenden Einheitsbewertung soll die übliche Miete in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Schätzungsgrundlagen in folgender Reihenfolge geschätzt werden:[4]

  • Vergleichsmieten (unmittelbarer Vergleich mit tatsächlich gezahlte Mieten für vergleichbare Objekte, insbesondere auch mit vermieteten Räumlichkeiten im betreffenden Objekt selbst);[5]
  • Mietspiegel[6] werden in einem Mietspiegel nur Mietspannen angegeben, die nicht weiter differenziert werden können, sollte grundsätzlich auf die Mittelwerte abgestellt werden. Es obliegt den Beteiligten (Gemeinde oder Steuerschuldner) darzulegen, weshalb hiervon im konkreten Einzelfall abgewichen werden muss;
  • Einzelgutachten eines Sachverständigen, ggf. Kostenmiete;[7]
  • eventuell kann auch eine Mietdatenbank i. S. des § 558e BGB herangezogen werden. Dies ist eine zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete fortlaufend geführte Sammlung von Mieten, die von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter gemeinsam geführt und anerkannt wird.

Für nicht zu Wohnzwecken genutzte Gebäude/Gebäudeteile kann in der Praxis nur selten auf örtliche Gewerbemietspiegel zurückgegriffen werden. Für diese Objekte kann ggf. auch ein Abgleich mit den Mietverhältnissen in vergleichbaren überregionalen Lagen hilfreich sein.

 
Hinweis

Schätzung von Gewerbemieten

Für Gewerbemieten (in Berlin) kann der von der IHK jeweils veröffentlichte Orientierungsrahmen nur bedingt als eine der möglichen Erkenntnisquellen herangezogen werden. Er ist anhand weiterer Erkenntnisse an den örtlichen Gewerbemietenmarkt nach Lage, Art und Ausstattung differenziert anzupassen. Hierzu sind auch heranzuziehen:

  • die Mieten, die von Steuerpflichtigen in den Anträgen auf Grundsteuererlass angegeben werden;
  • die Miethöhen, die ausweislich der Immobilienteile der einschlägigen Tageszeitungen gefordert werden.[8]
 
Praxis-Beispiel

Tatsächliche Miete überschreitet übliche Miete

Für ein Grundstück mit 1.000 qm Nutzfläche ist am 1.1.2022 eine Miete von 9 EUR/qm vereinbart. Die ortsübliche Jahresmiete beträgt allerdings nur 7 EUR/qm. Als normaler Rohertrag ist die ortsübliche übliche Miete von 7 EUR/qm × 1.000 qm × 12 Monate = 84.000 EUR anzusetzen. Eine einen Grundsteuererlass rechtfertigende Ertragsminderung liegt nicht vor.

 
Praxis-Beispiel

Tatsächliche Miete entspricht üblicher Miete

Für ein Grundstück mit 1.500 qm Nutzfläche ist am 1.1.2022 eine Miete von 7 EUR/qm vereinbart. Die Miete liegt im Rahmen der Gewerbemietenübersicht der Gemeinde-/Stadtverwaltung bzw. des Finanzamts. Sie kann daher als ortsübliche Miete in dieser Höhe geschätzt werden. Der normale Rohertrag beträgt 1.500 qm × 7 EUR/qm × 12 Monate = 126.000 EUR. Eine einen Grundsteuererlass rechtfertigende Ertragsminderung liegt nicht vor.

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