Rz. 40

Nach dem Grundsatz der Bilanzidentität, die im Steuerecht primär als Grundsatz des Bilanzzusammenhangs bezeichnet wird, müssen die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Damit soll sichergestellt werden, dass sämtliche Geschäftsvorfälle in das neue Geschäftsjahr übertragen werden, ohne dass Erfolgsbeiträge aus der GuV eliminiert und damit den Anteilseignern vorenthalten werden können.[1] Die Regelung ist dabei Ausdruck des Stetigkeitsgebots sowie der Willkürfreiheit und dient einer periodengerechten Gewinnermittlung. Darüber hinaus wird argumentiert, dass nur so eine korrekte Darstellung des zumindest gedanklichen Totalgewinns der Unternehmung, der der Summe der Jahresüberschüsse und -fehlbeträge über alle Geschäftsjahre der gesamten Lebensdauer eines Unternehmens entspricht, erreicht werden kann und sich die Schwankungen der Wertansätze im Zeitverlauf ausgleichen.[2]

Allerdings handelt es sich bei dem Konstrukt des Totalgewinns lediglich um ein theoretisches Gebilde und etwa in den Übergangsvorschriften zum BilMoG (insbesondere Art. 67 EGHGB) wurde eine erfolgsneutrale Erfassung von Erträgen aus der Umstellung bei bestimmten Sachverhalten im Widerspruch zu dem Grundsatz der Bilanzidentität gefordert bzw. erlaubt.

 

Rz. 41

Da weder nach dem HGB noch den GoB eine Pflicht zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz für jedes Geschäftsjahr besteht,[3] gilt buchhaltungstechnisch gesehen Folgendes: Das Geschäftsjahr hat höchstens 12 Monate (§ 240 Abs. 2 Satz 2 HGB). Die Bilanz schließt die Buchführung des abgelaufenen Geschäftsjahrs ab. Dabei gehen die Salden der Bestandskonten in die Bilanzposten ein. Der Saldo der Bilanz ist das Kapital, in der steuerlichen Gewinnermittllung auch Betriebsvermögen genannt.

Die Posten der Schlussbilanz eines Geschäftsjahrs werden als Anfangsbestände auf den Bestandskonten der Buchführung des folgenden Geschäftsjahrs übernommen. Nachdem alle Veränderungen der Bestände gebucht worden sind, gehen die Salden der Bestandskonten wieder als Bestände in die Schlussbilanz ein. Der betrieblich bedingte Unterschied zwischen dem Kapital der Schlussbilanz und dem Kapital der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs, der Anfangsbilanz des abgelaufenen Geschäftsjahrs, ist wiederum der Geschäftserfolg.

 

Rz. 42

Der Grundsatz der Bilanzidentität umfasst nicht nur den Wertansatz sämtlicher Aktiva und Passiva und damit auch der Posten des Eigenkapitals, sondern vielmehr auch den übereinstimmenden Ansatz dieser.[4] Daraus folgt neben der Vorgabe zur unveränderten Übernahme der Wertansätze der ausgewiesenen Posten unter Ausschluss von Weglassungen oder Ergänzungen auch die Pflicht zur Beibehaltung der Zuordnung zu den Aktiv- und Passivpositionen genauso wie das Erfordernis zur Übernahme der Wertansätze zusammengefasster und nicht gesondert ausgewiesener (Unter-)Positionen in den Fällen unveränderter Gesamtwerte.[5] Darüber hinaus ergibt sich in Konsequenz der Grundsatzanwendung auch das Verbot zur Anpassung infolge einer abweichenden Steuerbilanz. Zudem folgt aus dem Identitätsgrundsatz auch, dass Gewinnverwendungsbeschlüsse und die damit verbundenen Folgen nicht bereits im Zuge der Saldenvorträge umgesetzt werden dürfen.[6]

 

Rz. 43

Umstritten hinsichtlich des Zeitpunkts der Veränderungsberücksichtigung, d. h. konkret der Umsetzung von Sachverhalten bereits im Zuge der Eröffnungsbuchungen, ist der Fall von Umwandlungen – insbesondere mit Übertragung von Aktiva und Passiva. Diese umfassen gem. § 1 Abs. 1 UmwG die umwandlungsrechtlichen Vorgänge der Verschmelzung (§§ 2-122l UmwG),[7] der Spaltung (§§ 123-173 UmwG)[8] als auch von Vermögensübertragungen (§§ 174-189 UmwG).[9]

 

Rz. 44

Der Stichtag der Schlussbilanz i. S. d. UmwG, der dem Verschmelzungsstichtag entspricht, muss dabei nicht dem Stichtag des Jahresabschlusses entsprechen. Allerdings entfällt bei gleichem Stichtag die Pflicht zur Aufstellung einer gesonderten Schlussbilanz i. S. d. UmwG. Der steuerliche Übertragungsstichtag entspricht wiederum zwingend dem Stichtag der Schlussbilanz i. S. d. UmwG.[10]

 

Rz. 45

Die Übernahme der Verfügungsmacht ergibt sich aus der vertraglichen Ausgestaltung. Dabei müssen grds. alle umwandlungsrelevanten Tatbestände Berücksichtigung finden.[11] Wird der Stichtag des regulären Jahresabschlusses als Umwandlungsstichtag gewählt bzw. wird die Übertragung zu diesem festgelegt, so sind die Auswirkungen noch in diesem Geschäftsjahr zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei Verwendung der Formulierung "zum 31.12.20XX, 24 Uhr". Ebenfalls unkritisch ist die Festlegung des Umwandlungsstichtags auf den 1.1.20XX+1 oder die Verwendung der Formulierung "zum 1.1.20XX+1, 0 Uhr". Problematisch dagegen ist etwa eine Vermögensübertragung mit wirksamem Übergang der Verfügungsmacht zum "31.12.20XX, 24 Uhr/1.1.20XX+1, 0 Uhr", da eine eindeutige Zuordnung hier nicht möglich ist. Ergeben sich hier nicht aus der Würdigung der G...

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