5.1 Das IFRS-Rahmenkonzept im Überblick

 

Rz. 16

Als konzeptionelle Grundlage der gesamten Rechnungslegung nach IFRS dient das Rahmenkonzept (Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements), da die einzelnen Standards nicht alle Rechnungslegungsfragen abschließend beantworten können. Der Zweck des Rahmenskonzepts wird in CF.SP1.1 definiert. Das Rahmenkonzept soll dem IASB als Basis und Unterstützung für die Entwicklung konsistenter Rechnungslegungsstandards dienen. Zusätzlich unterstützt es Anwender bei der Ausübung von Wahlrechten oder der deduktiven Ableitung von Bilanzierungsfragen, die nicht explizit in den Einzelstandards geregelt sind. Darüber hinaus dient das Rahmenkonzept als Interpretations- und Verständnishilfe. Das Rahmenkonzept gehört nicht zu den Standards, hat gegenüber den Standards eine untergeordnete Bedeutung und somit nicht die verbindliche Wirkung eines Standards (RK.SP1.2). Dennoch verweisen einige Standards unmittelbar auf das Rahmenkonzept. Wesentliche Inhalte des Rahmenkonzepts sind in IAS 1 (Darstellung des Abschlusses) geregelt und über diesen Standard verbindlich anzuwenden.[1]

 

Rz. 17

Das Rahmenkonzept hält die Ziele, die qualitativen Charakteristika sowie die Definition, den Ansatz und die Bewertung von Jahresabschlussposten fest und befasst sich zusätzlich mit dem Konzept der Kapitalerhaltung. Abb. 1 zeigt die 4 Regelungsbereiche des Rahmenkonzepts im Überblick.

Abb. 1: Aufbau des Rahmenkonzepts nach IFRS[2]

 

Rz. 18

Bereits im Oktober 2004 haben IASB und FASB vereinbart, das seit 1989 unveränderte Rahmenkonzept zu überarbeiten und zu vereinheitlichen. Das Conceptual-Framework-Projekt wurde in verschiedene Phasen (A-H) unterteilt und es wurden schrittweise die entsprechenden Abschnitte im bestehenden Rahmenkonzept ersetzen. Im März 2018 erfolgte die Verabschiedung des komplett überarbeiteten neuen Frameworks, welches als Framework 2018 bezeichnet seit dem Geschäftsjahr 2020 zur Anwendung kommt und auch bereits in den von der EU übernommenen Standards eingearbeitet ist.[3]

Anders als die Standards und Interpretationen hat sich die EU-Kommission 2003 entschlossen, das Rahmenkonzept und auch seine späteren Änderungen nicht formell in den Anerkennungsprozess aufzunehmen.[4] Daher erfolgte auch keine offizielle Veröffentlichung in allen Amtssprachen der EU im Amtsblatt. Allerdings erfolgt die Anpassung der IAS-Verordnung zur Anwendung der internationalen Rechnungslegung in der EU an das neue Framework, d. h. alle Verweise in den Standards und Interpretationen werden an das neue Framework angepasst. Derzeit ist dieser Prozess im Anerkennungsverfahren der EU.

[1] Vgl. Theile, BBK 2018 Nr. 12, S. 589 f.
[2] Entnommen aus Wulf/Müller, Bilanztraining, 15. Aufl. 2016, S. 428.
[3] VO (EU) 2019/2075 v. 29.11.2019, Abl. EU L316/10.
[4] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar, 21. Aufl. 2023, § 1 Rz. 557.

5.2 Adressaten der IFRS-Rechnungslegung

 

Rz. 19

Die Rechnungslegung nach IFRS ist grundsätzlich für eine Vielzahl von Adressaten bestimmt. Dazu zählen grundsätzlich alle potenziellen Nutzer, z. B. Anteilseigner, Kreditgeber, Lieferanten, Kunden, Arbeitnehmer, Finanzanalysten, Öffentlichkeit usw. Aufgrund der zum Teil divergierenden Informationsbedürfnisse ist der IASB zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht alle Informationsbedürfnisse gleichzeitig erfüllt werden können. Daher ist im Rahmenkonzept nunmehr eine Orientierung an den Informationsbedürfnissen der gegenwärtigen und künftigen Eigen- und Fremdkapitalgeber und anderen Gläubigern erfolgt (RK.1.2), die an der Vermittlung von Informationen über die Fähigkeit des Unternehmens zur Generierung zukünftiger Zahlungsströme interessiert sind (RK.1.3 f.). Dies wird damit begründet, dass diese Adressaten auf die Informationen der IFRS-Rechnungslegung angewiesen sind, da sie nicht direkt Informationen vom Unternehmen fordern können (RK.1.5). RK.1.10 formuliert explizit, dass die IFRS-Rechnungslegung nicht primär für andere Adressaten konzipiert ist.[1]

[1] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 16. Aufl. 2021, S. 143 f.

5.3 Zielsetzung der IFRS-Rechnungslegung

 

Rz. 20

Die Zielsetzung der IFRS-Rechnungslegung ist die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen als Entscheidungsunterstützung (decision usefulness), um den Jahresabschlussadressaten ein tatsächliches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Cashflows eines Unternehmens zu vermitteln (sog. fair presentation, RK.1.2; IAS 1.15). In diesem Zusammenhang tragen die Bestandteile eines IFRS-Abschlusses wie folgt zur Zielsetzung bei:

  • Die Bilanz bietet Informationen über die Vermögens- (Aktivseite) und die Finanzlage (Passivseite);
  • Die Gesamtergebnisrechnung spiegelt die Ertragskraft des Unternehmens wider;
  • Die Kapitalflussrechnung stellt die Entwicklung der Cashflows dar.
 

Rz. 21

Das Ziel der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen orientiert sich stark an der Bewertungsfunktion der Rechnungslegung und an den Informationsbedürfnissen von Kapitalinvestoren.

Zusätzlich sollen die Abschlussadressaten mithilfe der im IFRS-Abschluss bereitgestellten Informationen die geleis...

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