Gemeinkosten in der begrifflichen Abgrenzung

Gemeinkosten existieren nur relativ bezogen auf ein bestimmtes Bezugsobjekt. Sie würden gar nicht in Erscheinung treten, wenn das gesamte Unternehmen als Bezugsobjekt definiert werden würde, da dann alle Kosten Einzelkosten wären. Praktisch gesehen, entstehen Gemeinkosten durch ihren fehlenden direkten Bezug zu Absatzobjekten, insbesondere Produkteinheiten von Serienprodukten oder Aufträgen bei Einzelauftragsfertigung, und umfassen damit alle Kosten, die nicht unmittelbar entfallen, wenn das Absatzobjekt nicht erstellt und abgesetzt wird.

Dies trifft auf den überwiegenden Teil der Kostenbereiche von Unternehmen zu, in denen Verwaltungsleistungen ohne unmittelbaren Marktbezug erbracht werden (sekundäre Leistungsbereiche[1]) (vgl. Abb. 1). In dem in unmittelbarem Zusammenhang mit der Marktaufgabe des Unternehmens stehenden primären Leistungsbereich sind ein direkter und ein indirekter Bereich zu unterscheiden. Im direkten Bereich wird unmittelbar auf die Produkte eingewirkt. In industriellen Unternehmen geschieht dies in den Fertigungskostenstellen. In ihnen spielen die Gemeinkosten – anders als in Dienstleistungsunternehmen – eine geringere Rolle, da der Anteil der Materialkosten in der Regel relativ hoch ist. Dominant sind Gemeinkosten wiederum im indirekten Teil des primären Leistungsbereichs industrieller Unternehmen, in dem in den "sonstigen primären Kostenstellen"[2] Dienstleistungen für den direkten Bereich erbracht werden, wie Produktionsplanung und -steuerung, Qualitätssicherung oder Softwareentwicklung; insofern können diese Bereiche auch als produktnahe Bereiche bezeichnet werden.

Abb. 1: Die betrieblichen Leistungsbereiche

Gründe für steten Anstieg der Gemeinkosten

Betrachtet man die Entwicklung der Gemeinkosten über die vergangenen Jahrzehnte, so ist aus unterschiedlichen Gründen deren stetiger Anstieg zu konstatieren:[3]

  • Mechanisierung und Automatisierung nahmen zu mit der Folge eines ansteigenden Anteils des Maschineneinsatzes zu Lasten der Personalkosten im direkten primären Leistungsbereich. Gleichzeitig stiegen die Personalkosten in indirekten Bereichen aufgrund von steuernden und planenden Funktionen.
  • Vielfältigere Kundenwünsche machen darauf zugeschnittene, schnelle Reaktionen erforderlich, was die Ansprüche an Entwicklung, Konstruktion und Vertrieb erhöht. Die Folgen sind Anstiege bei den Vorlaufkosten und den markt- und kundenbezogenen Kosten.
  • Die allgemeinen Verwaltungskosten steigen aufgrund gesellschaftlicher Ansprüche an Unternehmenstransparenz, Umweltschutz und Schutz der Inter-essen unternehmensinterner und -externer Gruppen (Mitarbeiter, Verbraucher).
[1] Vgl. dazu und zu den Ausführungen zum primären Leistungsbereich Friedl, 2009, S. 225; Kilger/Pampel/Vikas, 2007, S. 256 ff.
[2] Kilger/Pampel/Vikas, 2007, S. 261.
[3] Vgl. Miller/Vollmann, 1985, S. 143; Hahn/Laßmann, 1993, S. 154 f.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge