Erfolgt der Gesellschafterwechsel i. S. d. § 1 Abs. 2a GrEStG[1] dagegen schrittweise, d. h. in mehreren Rechtsakten, ist § 5 Abs. 3 Satz 1 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG sowohl auf die Gesellschafterwechsel, die zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG beitragen, als auch auf solche, die den Tatbestand auslösen, anzuwenden.

 
Wichtig

Vermeidung von Doppelbelastungen

§ 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG enthält zur Vermeidung einer möglichen Doppelbelastung eine Anrechnungsregelung für alle Fälle, in denen wegen der Verminderung des Anteils des übertragenden Gesellschafters am Vermögen der Gesamthand die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG rückwirkend entfällt und wegen des Gesellschafterwechsels eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG vorzunehmen ist. Danach ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ermittelte Bemessungsgrundlage, den Grundbesitzwert, die Bemessungsgrundlage anzurechnen, von der nach § 5 Abs. 3 satz 1 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG die Steuervergünstigung rückwirkend zu versagen ist.

Die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG für einen Grundstückserwerb der Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter auf die Bemessungsgrundlage für einen späteren steuerbaren Wechsel im Gesellschafterbestand dieser Personengesellschaft hat unabhängig davon zu erfolgen, ob die Steuer für den Grundstückserwerb der Gesellschaft von ihrem Gesellschafter festgesetzt und erhoben wurde.[2]

Da § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG eine Doppelbelastung vermeiden soll, ist die Anrechnung nur vorzunehmen, wenn das Ausscheiden des Gesellschafters, der das Grundstück übertragen hat, oder die Verringerung seiner Beteiligung durch Übertragung auf einen Neugesellschafter gleichzeitig zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG beiträgt. Die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse unter Altgesellschaftern stellt keinen für § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG relevanten Gesellschafterwechsel dar. Deshalb ist die Bemessungsgrundlage des Erwerbsvorgangs, für den die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 1 oder 2 GrEStG oder § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG aufgrund des § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG oder § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG zu versagen ist, nicht nach § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG zu berücksichtigen.

Eine Überwachung ist nur fortzuführen, soweit der Grundstückseigentümer weiterhin am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist.

 
Hinweis

Anrechnung im Steuerfestsetzungsverfahren

Die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG erfolgt im Rahmen der Steuerfestsetzung für den nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG der Besteuerung unterliegenden Erwerbsvorgang. Ist die nachträgliche Steuerfestsetzung unterblieben, gelten für deren Änderung die allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften.[3]

 
Praxis-Beispiel

Mehrere Rechtsakte und Anrechnung

A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 200.000 EUR auf eine OHG, an deren Vermögen er mit 95 % und B mit 5 % beteiligt sind. Im Jahr 03 überträgt A einen OHG-Anteil i. H. v. 85 % an C und im Jahr 04 überträgt A 10 % seiner OHG-Anteile an D. Der Grundbesitzwert im Jahr 04 beträgt 100.000 EUR.

Schaubild

Jahr 01:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird die Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 95 % nicht erhoben, weil A in dieser Höhe unmittelbar am Vermögen der OHG beteiligt ist. Die zu entrichtende Steuer (5 %) ermittelt sich dagegen wie folgt:

 
Kaufpreis/Bemessungsgrundlage (BMG) 200.000 EUR
./. Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG (Beteiligung des A i. H. v. 95 %) 190.000 EUR
Grunderwerbsteuerliche BMG 10.000 EUR
Zu entrichtende Steuer (hier: 6 %) 600 EUR

Jahr 03:

Die Anteilsübertragung von A auf C i. H. v. 85 % selbst stellt keinen steuerbaren Rechtsvorgang (nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG) dar. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG ist die Steuervergünstigung jedoch für die Grundstücksübertragung im Jahr 01 rückwirkend nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 175 Abs. 2 Satz 1 AO zu versagen, soweit sich der Anteil des A am Vermögen der Gesellschaft i. H. v. 85 % vermindert.

 
Kaufpreis/BMG 200.000 EUR
./. Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG (Beteiligung des A i. H. v. 10 %) 20.000 EUR
Grunderwerbsteuerliche BMG 180.000 EUR
Festzusetzende Steuer (hier: 6 %) 10.800 EUR
Bereits festgesetzte und entrichtete Steuer (Jahr 01) 600 EUR
Steuer nach Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG 10.200 EUR

Jahr 04:

Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG ist die Steuervergünstigung für die Gerundstücksübertragung von A auf die OHG im Jahr 01 rückwirkend zu versagen, soweit sich der Anteil des A am Vermögen der Gesamthand (durch die Übertragung seines 10 %-igen Anteils an D) vermindert. Die Steuerfestsetzung ist folgendermaßen zu ändern:

 
Kaufpreis/BMG 200.000 EUR
./. Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG (Beteiligung des A i. H. v. 0 %) 0 EUR
Grunderwerbsteuerliche BMG 200.000 EUR
Festzusetzende Steuer (hier: 6 %) 12.000 EUR
Bereits festgesetzte und entrichtete Steuer (Jahr 01 und 03) 10.800 EUR
Steuer...

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