Rz. 157

Grundsätzliches

Wer ein bebautes Grundstück erwirbt, muss den Kaufpreis aufteilen in Anschaffungskosten für den Grund und Boden und Anschaffungskosten des Gebäudes. Bei der Erstbewertung erfolgt die Aufteilung des Gesamtkaufpreises grundsätzlich nach dem Kaufvertrag. Stellt die vertraglich geregelte Aufteilungsregel einen Gestaltungsmissbrauch dar, ist sie wirtschaftlich nicht haltbar, oder ist keine vertragliche Aufteilungsregelung getroffen worden, erfolgt die Aufteilung des Gesamtkaufpreises nach dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwerte des Grund und Bodens und des Gebäudes. Hierbei wird der Verkehrswert für den Grund und Boden ermittelt. Die Differenz zum Kaufpreis wird dann als Anschaffungskosten für das Gebäude angesetzt (sog. "Differenz- oder Restwertmethode"). Die "Restwertmethode" führt zu einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Ergebnis, wenn er das Haus zu einem sehr günstigen Preis erworben hat, etwa bei einem Kauf von Verwandten, Bekannten oder anlässlich einer Zwangsversteigerung. Wird das Gebäude unterschiedlich genutzt, sind gemäß R 4.2 Abs. 6 EStR die Anschaffungskosten des Gebäudes i. d. R. weiterhin im Verhältnis der Nutzfläche auf die Gebäudeteile aufzuteilen.[1]

 

Rz. 158

Bei der Aufteilung des Gesamtkaufpreises von bebauten Gebäuden nach dem Verhältnis der Teilwerte sind nach der Rechtsprechung des BFH[2] zunächst sowohl der Boden- als auch der Gebäudewertanteil gesondert zu bewerten und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile, d. h. der Teilwerte, aufzuteilen.

 

Rz. 159

Es sind also nach dem Grundsatz der Einzelbewertung – unabhängig vom gezahlten Kaufpreis – Teilwerte für den Grund und Boden einerseits und das Gebäude sowie ggf. die Außenanlagen andererseits zu ermitteln. Dann werden die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis dieser fiktiven Werte zueinander in Anschaffungskosten für den Grund und Boden und für den Gebäudeanteil aufgeteilt.[3]

 

Rz. 160

Die Aufteilung eines auf Grund und Boden und aufstehende Gebäude, die zum Betriebsvermögen gehören, entfallenden Gesamtkaufpreises hat nach dem Verhältnis der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu erfolgen. Dies gilt mit der Maßgabe, dass es auch für zum Privatvermögen gehörende Wirtschaftsgüter (Grund und Boden einerseits, Gebäude andererseits) auf die Verkehrswerte ankommt.[4]

 

Rz. 161

Bei der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises kann es sich immer nur um eine Schätzung handeln, die das Finanzamt auf Angemessenheit überprüfen kann. Das Finanzamt kann die Schätzung wohl nur dann ändern, wenn die vom Steuerpflichtigen vorgenommene Aufteilung außerhalb des möglichen Schätzungsrahmens liegt.[5]

 

Rz. 162

Laut BFH bestehen ernstlich Zweifel daran, ob das Ertragswertverfahren für die Schätzung des auf den Grund und Boden entfallenden Teils der Anschaffungskosten bei Anschaffung eines bebauten Grundstücks ungeeignet ist.[6] Im Beschluss vom 24.2.1999[7] hat sich der BFH ausführlich mit den beim Vorliegen eines Gesamtkaufpreises zur Ermittlung des auf den Grund und Boden entfallenden Teilwerts im Schätzungsverfahren anzuwendenden Methoden (Ertragswert- oder Sachwertmethode) befasst.

 

Rz. 163

Enthält ein Kaufvertrag eine Aufteilung des Kaufpreises, ist dieser vertraglich vereinbarten Aufteilung zu folgen, solange sie wirtschaftlich vernünftig und nicht willkürlich erscheint. Der Grundsatz der Einzelbewertung gilt auch bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern und bei gemischten Schenkungen.[8]

 

Rz. 164

Steuerlich nicht maßgebend ist jedoch eine Einigung, die nicht von den gegensätzlichen Interessen geprägt ist, sondern von dem Bestreben, einem Vertragspartner einen möglichst großen Steuervorteil zukommen zu lassen.[9] Beim verbilligten Verkauf eines Zweifamilienhauses von Eltern an Kinder soll der größte Teil des Kaufpreises bis zur Höhe des jeweiligen Verkehrswerts vertraglich und steuerrechtlich der fremdvermieteten Wohnung zugeordnet werden können.[10]

 

Rz. 165

Fehlt es bei Gesamtkaufpreisen an einer vertraglichen Einigung oder kann sie bei der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden, sind zunächst für alle erworbenen Wirtschaftsgüter (z. B. Grund und Boden, Gebäude) die Einzelwerte zu ermitteln und der Gesamtkaufpreis im Verhältnis dieser Einzelwerte auf Grund und Boden sowie Gebäude zu verteilen.[11] Nach Schubert/Gadek gilt steuerrechtlich das Verhältnis der Teilwerte zueinander.[12]

 

Rz. 166

Für die Schätzung des Werts des Grund und Bodens sowie Gebäudeanteils kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Wertermittlungsverordnung (WertV 1988) entsprechend herangezogen werden. Nach § 7 WertV 1988 ist der Verkehrswert mithilfe des Vergleichs-, des Ertragswert- oder des Sachwertverfahrens zu ermitteln. Welches dieser – gleichwertigen – Wertermittlungsverfahren jeweils anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. Schon deshalb entzieht sich die Wahl der Ermittlungsmethode einer Verallgemeinerung.[13]

Aufteilung des Gesamtkaufpreises beim Erwerb zu ein...

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