Als weitere Fallgruppe der Durchgriffshaftung wird die Unterkapitalisierung diskutiert. Eine Anerkennung durch die Rechtsprechung steht allerdings noch aus.[1] Im Kern geht es darum, dass das Stammkapital im Verhältnis zum beabsichtigten Gesellschaftszweck zu niedrig dotiert ist. Wer z. B. eine Fluggesellschaft betreiben muss, dürfte mit einem Stammkapital von 25.000 EUR nicht auskommen. Nimmt er dieses Vorhaben dennoch mit einem derart geringen Stammkapital in Angriff, könnte man ihm vorwerfen, er habe eine unterkapitalisierte Gesellschaft gegründet, was für sich genommen bereits eine Durchgriffshaftung rechtfertigen würde. Die Rechtsprechung ist jedoch diesen Vorschlägen bisher nicht gefolgt. Vielmehr nimmt sie an, dass die Gesellschafter im Rahmen ihrer Finanzierungsfreiheit selbst entscheiden dürfen, ob sie die Gesellschaft mit Stammkapital, sonstigem Eigenkapital oder auch mit Fremdkapital, etwa durch die Bereitstellung von Gesellschafterdarlehen, finanzieren.

[1] BGH, Urteil v. 4.5.1977, VIII ZR 298/75, BGHZ 68 S. 312 (eindeutig ablehnend); eher offenlassend BGH, Urteil v. 3.6.1977, II ZR 232/75, NJW 1977 S. 1683, 1686; BGH, Urteil v. 30.11.1978, II ZR 204/76, NJW 1979 S. 2104; eindeutig ablehnend BAG, Urteil v. 10.2.1999, 5 AZR 677/97, ZIP 1999 S. 878, 879.

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