Leitsatz

1. Ist zugunsten des Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH eine Direktversicherung von der Kapitalgesellschaft als Versicherungsnehmerin abgeschlossen worden, gehört dieser seit dem Jahr 2008 zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG. Der Höchstbetrag für Beiträge, die der Alleingesellschafter-Geschäftsführer zum Aufbau einer "Rürup-Rente" erbringt, ist deshalb gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG pauschal um den fiktiven Gesamtbeitrag zur allgemeinen Rentenversicherung zu kürzen.

2. Die für alle erfassten Fallgruppen gleichermaßen geltende pauschale Kürzung überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Typisierung auch dann nicht, wenn der Beitrag, den die GmbH für die Altersversorgung des Gesellschafter-Geschäftsführers erbringt, im konkreten Einzelfall deutlich geringer ist als die dadurch hervorgerufene Kürzung des Höchstbetrags für den Abzug anderweitiger Altersvorsorgeaufwendungen.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Satz 3, Abs. 4a Sätze 1 und 3, § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG 2008

 

Sachverhalt

Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese hatte als Versicherungsnehmerin zu seinen Gunsten eine Direktversicherung abgeschlossen. Die Monatsbeiträge i.H.v. 128 EUR wurden im Wege einer Gehaltsumwandlung erbracht und gemäß § 40b EStG a.F. pauschal lohnversteuert. Der Kläger machte im Jahr 2008 neben Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung, Unfallversicherung sowie Rentenversicherungen noch Beiträge in Höhe von 22.050 EUR für eine sog. "Rürup-Rente" gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG als Sonderausgaben geltend. Das FA erkannte schließlich im Einspruchsverfahren aufgrund der modifizierten Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG den ungekürzten Vorwegabzug gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. an, kürzte aber den Erhöhungsbetrag um den fiktiven Gesamtbeitrag zur allgemeinen Rentenversicherung (§ 10 Abs. 4a Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 EStG), sodass der Kläger im Ergebnis nur 6.108 EUR abziehen konnte. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (FG Köln, Urteil vom 28.8.2012, 7 K 3761/10, Haufe-Index 3511536, EFG 2013, 226). Mit seiner Revision rügte der Kläger, die Änderung des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG durch das JStG 2008 (jetzt § 10 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 Buchst. b EStG) führe bei Alleingesellschafter-Geschäftsführern zu unverhältnismäßigen Kürzungen, da ohne die Direktversicherung bei ihm 13.200 EUR als Sonderausgaben hätten berücksichtigt werden können.

 

Entscheidung

Die Revision war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen unbegründet.

 

Hinweis

1. Der Gesetzgeber hat durch das JStG 2008 mit Wirkung ab dem Jahr 2008 gesetzlich angeordnet, dass der Sonderausgabenabzug im Fall der Gewährung von Zukunftssicherungsleistungen durch den Arbeitgeber auch dann gekürzt wird, wenn der Arbeitnehmer hierzu eigene Beitragsleistungen erbringt. Das bisherige zusätzliche Erfordernis "ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung", das in der BFH-Rechtsprechung sehr restriktiv ausgelegt wurde, ist entfallen. Damit kommt es nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 16/6290, S. 54) auch bei nicht rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern mit einer betrieblichen Altersvorsorge generell zu einer Kürzung.

2. Die Kürzungsregelung erfasst die gesamte Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung, so auch die in Form einer Direktversicherung.

3.Es ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber entschieden hat, Personen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen und im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung ein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung erworben haben, generell in den Kreis der einer Kürzung unterliegenden Personen einzubeziehen.

Dies gilt auch dann, wenn es sich um Aufwendungen für eine Zusatzversorgung handelt, die betragsmäßig weit hinter den vom Steuerpflichtigen selbst geleisteten Beiträgen zur Basisversorgung, wie z.B. der Rürup-Rente, zurückbleiben. Der BFH hat diese doch sehr grobmaschige gesetzliche Pauschalierung als noch verfassungskonform angesehen, letztlich weil es der betroffene Personenkreis selbst in der Hand hat, seine Altersversorgung zu gestalten. Die Betroffenen konnten auf die Auswirkungen der Gesetzesänderung entsprechend reagieren und ihre Vorsorgesituation insoweit anpassen, z.B. durch Beendigung der Zusatzversorgung.

4. Falls diese Anpassung bislang noch nicht vorgenommen sein sollte, besteht unmittelbarer Handlungsbedarf!

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.7.2014 – X R 35/12

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