Leitsatz

1. Veräußert eine Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut des Gesamthandsvermögens an eine ­andere Personengesellschaft, an der einer ihrer ­Gesellschafter ebenfalls als Mitunternehmer beteiligt ist, kann der auf den Doppelgesellschafter entfallende Veräußerungsgewinn unter den Voraussetzungen des § 6b EStG im Umfang des Anteils des Doppelgesellschafters am Gesamthandsvermögen der Schwestergesellschaft auf die Anschaffungskosten des nämlichen Wirtschaftsguts übertragen werden.

2. Der nach § 6b EStG übertragbare Gewinn ergibt sich aus dem Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen gewesen wäre. Bei der danach erforderlichen Ermittlung des fiktiven Buchwerts auf den Zeitpunkt der Veräußerung sind alle Bewertungsregeln des § 6 EStG zu beachten, auch die Regelungen zur Wertaufholung.

3. Die Ausnahme von der teilweisen Steuerbefreiung nach einer voll gewinnmindernden Teilwertabschreibung gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. a Satz 2 EStG gilt auch für den Fall, dass der Anteil später veräußert wird.

 

Normenkette

§ 6b Abs. 2 und Abs. 10 Satz 4, § 3 Nr. 40 Buchst. a Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 und Abs. 2 EStG, §§ 58a ff. GmbHG

 

Sachverhalt

Die klagende GmbH & Co. KG war ursprünglich zur Hälfte an einer GmbH beteiligt gewesen. Als die GmbH 1996 sanierungsbedürftig wurde, leistete die Klägerin eine Zahlung in die Kapitalrücklage der GmbH, erwarb die andere Anteilshälfte zu einem symbolischen Kaufpreis und nahm auf ihren eigenen Anteil eine Teilwertabschreibung vor. Die GmbH setzte im Jahr 1998 ihr Kapital gegen Verrechnung mit dem Verlustvortrag herab, um es sogleich wieder zu erhöhen. Die Klägerin übernahm die neue Stammeinlage.

Im Streitjahr 2006 wurde die Beteiligung an der GmbH nach erfolgreicher Sanierung an eine von dem alleinigen und zu 99 % an der Klägerin beteiligten Kommanditisten gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG veräußert. Der auf den Kommanditisten entfallende Anteil am Gewinn aus dieser Veräußerung wurde nach § 6b EStG auf die Anschaffungskosten der Schwestergesellschaft übertragen.

Nach einer Außenprüfung ging das FA davon aus, dass zur Übertragung nach § 6b EStG nur der Betrag in Betracht komme, der sich nach einer Wertaufholung des Buchwerts als Gewinn aus der Veräu­ßerung der Beteiligung ergebe. Die gegen den entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid erhobene Klage wies das FG ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 1.4.2014, 13 K 315/10, Haufe-Index 7016763).

 

Entscheidung

Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Der BFH entschied, der Gewinn habe zwar mit dem auf den Kommanditisten entfallenden Anteil übertragen werden können. Der übertragbare Gewinn ergebe sich aber aus der Differenz von Veräußerungspreis und einem fiktiven Buchwert am Veräußerungstag, bei dessen Ermittlung eine Wertaufholung zu berücksichtigen sei. Ein solcher fiktiver Buchwert müsse auch bei der Feststellung des Gewinns aus einer 100 %-igen Kapitalbeteiligung berücksichtigt werden. Der fiktive Wertaufholungsgewinn sei nicht nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreit, wenn die Teilwertabschreibung den Gewinn in voller Höhe gemindert habe.

 

Hinweis

1. Das Urteil enthält im Wesentlichen Ausführungen über die Übertragung des Gewinns nach § 6b EStG bei einer Veräußerung zwischen Schwesterpersonengesellschaften (unter 2.), über die Berechnung des nach § 6b EStG übertragbaren Gewinns (unter 3.), über die Ermittlung des Gewinns bei Veräußerung einer 100 %-igen Kapitalbeteiligung (unter 4.) und über die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei Wertaufholung nach Teilwertabschreibung in der Zeit vor Geltung des Teileinkünfteverfahrens (unter 5.).

2. Da § 6b EStG jedenfalls seit 2002 eine gesellschafterbezogene Steuervergünstigung ist, können Gewinne aus der Veräußerung nach § 6b EStG qualifizierter Wirtschaftsgüter durch eine Personengesellschaft nicht nur auf Reinvestitionsgüter im Gesamthandsvermögen, sondern auch auf den Gesellschaftern als Einzel- oder Mitunternehmer zuzurechnende Reinvestitionsgüter übertragen werden. Eine Übertragung ist demzufolge ­sogar bei Reinvestition in dem Gesamthandsvermögen einer anderen Personengesellschaft möglich, soweit dieses anteilig einem Doppelge­sellschafter zugeordnet wird und soweit der übertragbare Gewinn auf diesen Doppelgesellschafter entfällt. Es kann sich bei dem veräußerten Gut und dem Reinvestitionsgut auch um dasselbe Wirtschaftsgut handeln, wie der BFH hier ausdrücklich bestätigt.

3. Die Berechnung des Gewinns, der nach § 6b EStG übertragen werden kann, setzt die Ermittlung eines fiktiven Buchwerts auf den Zeitpunkt der Veräußerung voraus. Dabei werden nicht nur laufende Abschreibungen zu berücksichtigen sein, die den übertragbaren Gewinn erhöhen, sondern es sind auch Wertaufholungen vorzunehmen, die dann den übertragbaren Gewinn reduzieren.

4. Wird eine 100 %-ige Kapitalbeteiligung veräußert, stellt dies nach § 16 A...

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