Zusammenfassung

 
Überblick

Gewinnrealisierung ist gegeben, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung erbracht hat, d. h. seine Verpflichtung "wirtschaftlich erfüllt" hat. Dem Leistenden steht der Anspruch auf die Gegenleistung, i. d. R. die Zahlung, so gut wie sicher zu. Sein Risiko reduziert sich darauf, dass der Empfänger im Einzelfall Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist.[1] Der Schwebezustand des zugrunde liegenden Geschäfts ist beendet und der Gewinn realisiert. Nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden.[2]

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB bestimmt, dass Gewinne nur zu berücksichtigen sind, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Dieses Realisationsprinzip gehört zu den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG übernimmt diese Grundsätze im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung von buchführungspflichtigen Kaufleuten und solchen, die freiwillig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen. Nach R 4.1 Abs. 5 i. V. m. R 5.2 – 5.4 EStR sind die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ebenfalls zu beachten. Das Realisationsprinzip findet deshalb auch bei sonstigen bilanzierenden Steuerpflichtigen (Landwirte, Freiberufler) Anwendung.[3]

§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB beruht auf Art. 31 Abs. 1c, aa der Jahresabschlussrichtlinie der EG[4], der ebenfalls anordnet, dass nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne ausgewiesen werden. Unter den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen nur Kapitalgesellschaften.

§§ 141 ff. AO enthalten die Regelungen über die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger, Aufzeichnungsvorschriften sowie Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen.

1 Veräußerungsgeschäfte

1.1 Veräußerung beweglicher Sachen

Zivilrechtliche Rechtsgrundlage ist im Allgemeinen ein Kaufvertrag. Wirtschaftliche Vertragserfüllung tritt grundsätzlich mit der Übergabe der verkauften beweglichen Sache ein; in diesem Zeitpunkt gehen die Nutzungen und Lasten auf den Käufer über.[1] Gewinne aus entgeltlichen Veräußerungsgeschäften werden nicht bei Abschluss des schuldrechtlichen Kausalgeschäfts (des Kaufvertrags) realisiert, sondern wenn der Veräußerer die vereinbarte Leistung erbracht hat.[2]

Bei der Veräußerung von Waren und Erzeugnissen führt eine Aussonderung der verkauften Ware im Lager des Verkäufers noch nicht zu einer Gewinnrealisierung. Maßgebend ist die Aushändigung an den Abnehmer; evtl. Eigentumsvorbehalte sind ohne Belang.[3]

Die Forderungen aus Versendungsverkäufen sind zu erfassen, sobald der Verkäufer die Ware dem Spediteur, Frachtführer usw. übergeben hat.[4] Die Ware ist beim Verkäufer gewinnerhöhend auszubuchen. Beim Abnehmer wird sie erst aktiviert, wenn er die Verfügungsmacht erlangt hat. Eine vom Käufer vor Übergabe der Ware an den Transporteur geleistete Anzahlung ist vom Verkäufer erfolgsneutral als Verbindlichkeit für erhaltene Anzahlungen zu buchen.

Bei Waren, die auf dem Seeweg versendet werden (schwimmende Ware) ist regelmäßig der Gefahrenübergang von dem Übergang des Konnossements abhängig.[5] Das Recht an der Ware folgt dem Recht am Papier.[6]

Auf einen Werklieferungsvertrag, also einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, sind die Vorschriften über den Kauf entsprechend anzuwenden.[7] Die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an einer technischen Anlage, wie z. B. (von Teilen) eines Windparks, setzt den Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs voraus, wenn die Anlage vom Erwerber erst nach erfolgreichem Abschluss eines Probebetriebs abgenommen werden soll.[8]

Sukzessivlieferungsverträge, wie z. B. Bierbezugsverträge, führen nicht zu einer Zusammenfassung der Einzellieferungen. Die Brauerei realisiert ihre Kaufpreisansprüche gegenüber dem vertraglich an sie gebundenen Gastwirt mit den Lieferungen der jeweils bestellten Biermengen.[9]

Mineralausbeuteverträge sind zunächst schwebende Verträge. Zur gewinnrealisierenden Lieferung kommt es erst mit der Gewinnung der Mineralien durch den Abbauberechtigten.[10]

Bei einem Optionsvertrag ist der mit der Optionsprämie verbundene Ertrag (Gewinn) nicht realisiert, solange die entgoltene Leistung selbst noch nicht erbracht ist.[11]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge