Leitsatz

Werden Darlehen, die bereits in der Bilanz zum 31.12.1998 enthalten waren, erstmals im Weg der Bilanzberichtigung in der Bilanz zum 31.12.2002 abgezinst, kann für den hierbei entstehenden Gewinn eine den Gewinn mindernde Rücklage i.H.v. sechs Zehnteln gebildet werden.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002, § 52 Abs. 16 S. 3 bis 8 EStG 1997 i.d.F. des StSenkG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wies in ihrer Bilanz zum 31.12.1998 vier Darlehen ihrer beiden Gesellschafter aus. Diese Darlehen waren zum Teil in unveränderter Höhe auch noch in der Bilanz zum 31.12.2002 enthalten. Für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 wurde die Klägerin bestandskräftig veranlagt.

Das FA zinste unter Berufung auf § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 die Darlehen ab. Dabei ging es davon aus, dass es sich um unverzinsliche Gesellschafterdarlehen von unbestimmter Dauer handele, und legte der Berechnung des Abzinsungsbetrags unter Hinweis auf § 13 Abs. 2 BewG das 9,3-Fache des nach einem Zinsfuß von 5,5 % bemessenen Jahreszinses zugrunde. Die Bildung einer gewinnmindernden Rücklage i.H.v. neun Zehnteln des Abzinsungsbetrags gem. § 52 Abs. 16 S. 8 EStG 1997 i.d.F. des StSenkG v. 23.10.2000 lehnte es ab.

Das FG gab der anschließenden Klage z.T. statt: Der Gewinn des Jahrs 2002 sei im Weg der Bilanzänderung um Rücklagen i.H.v. sechs Zehnteln der zum 31.12.2002 zu erfassenden Abzinsungsbeträge zu mindern (FG Köln, Urteil vom 01.09.2009, 13 K 93/07, 13 K 94/07, Haufe-Index 2263688, EFG 2010, 318).

 

Entscheidung

Das hat der BFH kurzerhand bestätigt. Es gehe auch in Ordnung, dass die Rücklage im Weg der Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG 1997 gebildet wurde:

Die Bilanz der Klägerin für das Streitjahr 2002 sei fehlerhaft gewesen, weil entgegen der Vorgaben des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 die zinslos gewährten Gesellschafterdarlehen nicht abgezinst worden seien. Soweit die Änderung reiche, könne die Bilanz gegenläufig geändert werden. Der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang mit der Bilanzberichtigung sei gegeben, da sich die Bilanzänderung auf die sich durch die Bilanzberichtigung geänderte Bilanzposition beziehe.

 

Hinweis

Das Urteil betrifft einmal mehr eine Streitfrage zum immer streitanfälligeren Übergangsrecht.

1. Zinslose Darlehensverbindlichkeiten sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit 5,5 % abzuzinsen. Das Abzinsungsgebot wurde durch das StEntlG 1999/2000/2002 geschaffen. § 52 Abs. 16 S. 1 EStG 1997 n.F. (i.d.F. des StSenkG) bestimmt dazu, dass § 6 Abs. 1 EStG 1997 erstmals für das erste nach dem 31.12.1998 endende Wirtschaftsjahr (Erstjahr) anzuwenden ist, und § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1997 n.F. bestimmt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 auch für Verbindlichkeiten gilt, die bereits zum Ende eines vor dem 01.01.1999 endenden Wirtschaftsjahrs angesetzt worden sind. Für den Gewinn, der sich aus der erstmaligen Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 bei den in § 52 Abs. 16 S. 7 EStG 1997 n.F. genannten Verbindlichkeiten ergibt, kann nach § 52 Abs. 16 S. 8 EStG 1997 n.F. jeweils i.H.v. neun Zehnteln eine den Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden neun Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Neuntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).

2. Entgegen der Verwaltungspraxis kann die "steuerstundende" Gewinnrücklage auch dann gebildet werden, wenn das Darlehen nicht bereits im Erstjahr der Geltung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997, sondern erstmals im Streitjahr 2002 abgezinst wurde. Der BFH analysiert, dass weder Wortlaut des § 52 Abs. 16 S. 8 EStG 1997 n.F. noch der Normzweck etwas anderes gebieten. Im Gegenteil: § 52 Abs. 16 S. 8 EStG 1997 n.F. bezweckt, Härten zu mildern, die sich aus der erstmaligen Anwendung des Abzinsungsgebots ergeben können. Von diesem Zweck werden auch Fälle erfasst, in denen Darlehen nicht im Erstjahr, sondern in einem anderen Jahr innerhalb des Auflösungszeitraums abgezinst werden. Denn auch hieraus können sich Härten ergeben.

3. Allerdings darf die nachträgliche Rücklagenbildung auch keine Besserstellungen nach sich ziehen, weshalb sich die Höhe der Rücklage entsprechend der Übergangsregelung für jedes Jahr um ein Neuntel mindert, das dem Erstjahr folgt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.08.2010 – I R 102/09

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