Leitsatz

Beim Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird.

 

Sachverhalt

Streitig war, ob eine Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde oder ob es sich beim Betrieb der Anlage um eine steuerrechtliche Liebhaberei handelt. Die Steuerpflichtige erwarb im Oktober 2013 eine Photovoltaikanlage mit einem Leistungsvermögen von 4,5 KW zu Anschaffungskosten in Höhe von 13.904 EUR netto. Der Hersteller gewährte eine lineare Leistungsgarantie von 25 Jahren mit einem maximalen Leistungsabfall von 0,6 % pro Jahr. Zudem erwarb sie einen privat finanzierten, nicht im Anlagevermögen befindlichen Stromspeicher für ca. 6.000 EUR.

Im Jahr 2013 ergab sich ein größtenteils durch die Umsatzsteuer verursachter Verlust von 3.313 EUR, im Jahr 2014 ein Gewinn von 2.716 EUR, der zum größten Teil aus einer Vorsteuererstattung resultierte. 2015 betrug der Verlust 783 EUR, im Streitjahr 2016 belief er sich auf 261 EUR, 2017 auf rund 328 EUR und 2018 auf rund 140 EUR. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, da sich die Anschaffung der Anlage angesichts der Abschreibung und der geringen Einspeisevergütung (zunächst 0,1427 EUR, ab 09/2019 0,1033 EUR) niemals lohnen könne und daher eine sog. "steuerrechtliche Liebhaberei" vorläge.

 

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der eingelegten Klage statt. Es stellte heraus, dass selbst in Fällen, in denen die Ergebnisprognose negativ ist, eine Liebhaberei nur in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruht und sich der Steuerpflichtige nicht wie ein Gewerbetreibender verhält, z. B. wenn die verlustbringende Tätigkeit aus dem Bereich der allgemeinen Lebensführung und persönlichen Neigungen liegenden Gründen (weiter) ausgeübt wird.

Bei dem Betrieb einer PV-Anlage spricht zunächst der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung – anders als Tätigkeiten im Hobbybereich – typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen. Im Streitfall gelangte das FG zu der Auffassung, dass die Tätigkeit der Steuerpflichtigen nicht auf einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motiven beruhte und sie sich wie eine Gewerbetreibende verhalten hatte, indem sie im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten alles unternommen hatte, um die Verluste gering zu halten.

Hierfür sprach, dass keine Kosten der allgemeinen Lebenshaltung in den betrieblichen Bereich verlagert wurden, alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft wurden und überdies eine Erweiterung der Anlage um 1,3 KW sowie perspektivisch der Wechsel in die Kleinunternehmerregelung geplant war, sodass auf die Verlustsituation entsprechend gegensteuernd reagiert wurde, also von einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen und damit die Verluste berücksichtigungsfähig waren.

 

Hinweis

Die Entscheidung ist insofern von Bedeutung, als das Finanzamt zunächst Revision eingelegt hatte, Az beim BFH: X R 32/19, die danach jedoch wieder zurückgenommen wurde. Festzuhalten bleibt, dass der Betrieb einer PV-Anlage nicht der Befriedigung persönlicher Neigungen dient, d. h. dass zunächst der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht spricht. Wenn der Steuerpflichtige dann zusätzlich noch Maßnahmen ergreift, um die Verlustsituation soweit als möglich zu minimieren, dürfte die Gewinnerzielungsabsicht nicht in Frage stehen.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer FG, Urteil vom 11.09.2019, 3 K 59/18

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