Rz. 79

Die Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG teils durch Gesetzgebung, teils durch Rechtsprechung in verschiedener Hinsicht angenähert. Die Zielsetzung ist dabei nicht ausschließlich auf die Angleichung des steuerlichen Totalgewinns, sondern auch auf die Angleichung des Periodengewinns gerichtet. Um die Periodenergebnisse durch die reine Betrachtung von Zahlungsströmen nicht zu sehr zu verfälschen, wurden zahlreiche Durchbrechungen dieses Ist-Prinzips eingeführt. Diese sind inzwischen so zahlreich, dass teilweise behauptet wird, dass der Vereinfachungseffekt dadurch in den Hintergrund getreten sei.[1] Es handelt sich hierbei um Ausnahmen von dem Grundsatz der reinen Geldrechnung.

Dies ist z. B. in folgenden Fällen festzustellen:

  • Durchlaufende Posten sind erfolgsneutral (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG) zu behandeln. Durchlaufende Posten sind Beträge, die das Unternehmen (im Namen und für Rechnung eines Dritten) mit der Verpflichtung erhält, sie an einen Dritten weiterzuleiten.[2]
  • Obwohl weder Zu- noch Abflüsse vorliegen, sind Sacheinnahmen und -ausgaben sowie Sach- bzw. Nutzungsentnahmen und -einlagen als Betriebseinnahmen bzw. -ausgaben zu erfassen.[3]
  • Steuerfreie Einnahmen (§ 3 EStG) und steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgaben (§ 3c EStG, § 4 Abs. 5 EStG) führen zwar zu einem Zu- bzw. Abfluss, dürfen sich aber nicht bzw. nicht in voller Höhe auf den Gewinn auswirken.
  • Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit (10 Tage) vor oder nach Ablauf des Wirtschaftsjahres zugeflossen bzw. abgeflossen sind, sind dem Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit zuzuordnen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG). Eine Zuordnung zum Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit kommt allerdings nur in Betracht, sofern die Einnahmen bzw. Ausgaben auch innerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig geworden sind.[4]
  • Geldeinlagen und -entnahmen sind weder Betriebseinnahmen noch Betriebsausgaben (z. B. ist die betriebliche Darlehensaufnahme und Darlehensgewährung erfolgsneutral, während Zinszahlungen erfasst werden).[5]
  • Die Bildung und Auflösung von Rücklagen bzw. Investitionsabzugsbeträgen i. S. d. §§ 6b und 7g EStG sowie R 6.6 EStR wird als fiktive Betriebsausgabe bzw. fiktive Betriebseinnahme berücksichtigt.
  • Besonderheiten bei der Behandlung des Anlagevermögens:[6]

     
      abnutzbares Anlagevermögen nicht abnutzbares Anlagevermögen
    Anschaffung

    AK/HK sind nicht als Betriebs­ausgabe anzusetzen;

    planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen stellen Betriebsausgaben dar

    AK/HK sind nicht als Betriebs­ausgabe anzusetzen;

    außerplanmäßige Abschreibungen stellen Betriebsausgaben dar (keine planmäßige Abschreibung)
    Veräußerung Restbuchwert (= noch nicht abgeschriebener Teil der AK/HK) ist als Betriebsausgabe anzusetzen  
    Veräußerungsgewinn

    Erlös (= Betriebseinnahme)

    ./. Restbuchwert (= Betriebsausgabe)

    = Veräußerungsgewinn
  • Ebenfalls erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind, neben den Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbares Anlagevermögen, auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare, nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG).
 

Rz. 80

War die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten zunächst ausschließlich den Bilanzierenden vorbehalten, sind nunmehr auch im Rahmen des § 4 Abs. 3 EStG Vorauszahlungen für die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern zu berücksichtigen.[7]

Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG sind Vorauszahlungen gleichmäßig über die Laufzeit der Nutzungsüberlassung zu verteilen, wenn die Nutzungsüberlassung mehr als 5 Jahre beträgt. Im Ergebnis werden solche Vorauszahlungen – z. B. des Leasing-Nehmers – damit auch bei der Einnahmenüberschussrechnung aktiv abgegrenzt.

Die Vorschrift findet auf ein Damnum oder Disagio (Differenz zwischen Erfüllungs- und Ausgabebetrag) keine Anwendung, soweit dieses marktüblich ist (§ 11 Abs. 2 Satz 4 EStG). Die Differenz führt somit sofort zu einer Betriebsausgabe bzw. -einnahme.

Entsprechend kann der Steuerpflichtige nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, gleichmäßig auf den Zeitraum verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

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