Rz. 100

Die Finanzierungsaufwendungen umfassen sämtliche Aufwendungen aus der finanzwirtschaftlichen Kapitalbeschaffung und der finanzwirtschaftlichen Kapitalanlage.[1] Eine Beschränkung des Begriffs der Finanzierungskosten auf die Fremdkapitalkosten im Sinne des IAS 23.6, die nicht in der Bilanz aktiviert werden, erscheint vor dem Hintergrund des Umfangs der korrespondierenden Finanzerträge nicht ausreichend.[2] Jedoch erstreckt sich der Begriff der Finanzierungsaufwendungen grundsätzlich nicht auf negative Einlagenzinsen;[3] allenfalls bei Unwesentlichkeit und gleichzeitigem Verzicht auf die Aufnahme eines "übrigen Finanzergebnisses" ist eine Erfassung unter den Finanzierungsaufwendungen vertretbar.

 

Rz. 101

Zu den Finanzierungsaufwendungen zählen insbesondere:

  • Zinsen für Kontokorrentkredite sowie für erhaltene kurz- und langfristige Kredite,
  • Aufwand aus der Aufzinsung von un- und niedrig verzinslichen Verbindlichkeiten bei Anwendung der Effektivzinsmethode,
  • Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Rückzahlung eines aufgenommenen Kredits,
  • Verteilung eines gezahlten Disagios mittels der Anwendung der Effektivzinsmethode[4],
  • im Zusammenhang mit der Fremdkapitalaufnahme entstandene Nebenkosten (Provisionen, Verwaltungskosten),
  • Zinsaufwendungen für Leasingverhältnisse, für die das allgemeine für Leasingnehmer geltende Leasingbilanzierungsmodell nach IFRS 16.22–16.49 angewendet wird,
  • Währungsdifferenzen aus Fremdwährungskrediten, soweit sie als Zinskorrektur anzusehen sind,[5]
  • Zinsanteile bei Zuführungen zu langfristigen Rückstellungen,[6] u. a. Netto-Zinsaufwand auf die Netto-Schuld aus leistungsorientierten Pensionsplänen, Zinsen auf Rückstellungen für Jubiläumsprämien[7] oder andere langfristige Rückstellungen,
  • Wertminderungsaufwendungen auf sämtliche finanziellen Vermögenswerte,[8]
  • Verluste aus Änderungen des beizulegenden Zeitwerts von erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewerteten Finanzinstrumenten gemäß IFRS 9. Kapitel 5.7.1,
  • Verluste aus Fair Value-Hedges gemäß IAS 39.89 bzw. IFRS 9. Kapitel 6.5.8 a),
  • im Periodenergebnis erfasste Verluste aus ineffektiver Sicherung gemäß IAS 39.89 und IAS 39.95 b) bzw. IFRS 9. Kapitel 6.5.11 c),[9]
  • Veräußerungsverlust aus dem Abgang von Finanzinstrumenten und Beteiligungen (einschließlich der Reklassifizierung der Umrechnungsdifferenzen aus der Umrechnung ausländischer Konzernunternehmen in eine andere als die funktionale Währung),[10]
  • Währungsumrechnungsverluste aus der Umrechnung monetärer Posten.[11]
 

Rz. 102

Hinsichtlich der Angabepflichten für Finanzierungsaufwendungen siehe die analogen Offenlegungspflichten für Finanzerträge nach Rz. 99.

Weiterhin sind nach IFRS 16.53 b) die Zinsaufwendungen auf Leasingverbindlichkeiten separat anzugeben. Diese Angabepflicht lässt sich entweder im GuV-Abschnitt der Gesamtergebnisrechnung als "Davon-Angabe" zu den Finanzierungsaufwendungen oder im Anhang erfüllen.

[1] Vgl. Winkeljohann, Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl. 2006, S. 304; Hollmann, Reporting Performance, 2002, S. 171.
[2] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach internationalen Standards, Abschn. 7 Rz. 177, Stand: 08/2002; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 26. Aufl. 2021, S. 604; ähnlich Brücks/Ehrcke, in Thiele/v. Keitz/Brücks, Internationales Bilanzrecht, IAS 1 Rz. 271, Stand: 4/2021.
[3] Vgl. hierzu Rz. 96.
[4] Bischof/Wendlandt, in Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof, Rechnungslegung nach IFRS, IAS 1 Rz. 150, Stand: 4/2021.
[5] Vgl. IAS 23.6 e).
[6] Vgl. Bischof/Wendlandt, in Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof, Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., IAS 1 Rz. 150, Stand: 4/2021;
[7] Vgl. Rz. 68 f.
[8] Vgl. Bischof/Wendlandt, in Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof, Rechnungslegung nach IFRS, 2. Aufl., IAS 1 Rz. 150, Stand: 4/2021.
[9] Soweit es sich jedoch um Sicherungsgeschäfte im Zusammenhang mit Vorgängen des operativen Geschäfts handelt (z. B. Absicherung von Rohstoffeinkäufen oder Absicherung von (Fremd-)Währungsforderungen aus dem Umsatzprozess), besteht das Wahlrecht, die Aufwendungen aus ineffektiver Sicherung im operativen Bereich zu erfassen. Vgl. hierzu Schönhofer, in Brune/Driesch/Schulz-Danso/Senger, Beck’sches IFRS-Handbuch, 6. Aufl. 2020, § 15 Rz. 95.
[10] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 19. Aufl. 2021, § 2 Rz. 84. Vgl. aber auch Rz. 103 ff.
[11] Vgl. Bischof/Wendlandt, in Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof, Rechnungslegung nach IFRS, IAS 1 Rz. 150, Stand: 4/2021 sowie auch Rz. 75.

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