Zusammenfassung

 
Überblick

Oft ist bei Eheleuten nur ein Ehegatte als Einzelunternehmer (Gewerbetreibender oder Freiberufler) selbstständig tätig. Dieser Ehegatte ist damit auch nur allein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG. Gleichwohl entscheiden sich Eheleute, die ein ganz oder teilweise für die unternehmerische Nutzung durch einen Ehegatten vorgesehenes Gebäude errichten, oft für ein gemeinsames Bauvorhaben. Das unbebaute Grundstück und damit auch das auf diesem Grundstück zu errichtende Gebäude ist in diesem Fall zivilrechtlich gemeinsames Eigentum beider Ehegatten.

Um bei Bauvorhaben auf derartigen Grundstücken einen möglichst hohen Vorsteuerabzug zu erlangen, bieten sich Gestaltungsmöglichkeiten. Hierbei ist bei jüngeren Gebäuden bzw. Bauvorhaben die Einschränkung des Vorsteuerabzugs für gemischt genutzte Gebäude nach § 15 Abs. 1b UStG zu berücksichtigen. Diese Vorschrift ist durch das Jahressteuergesetz 2010 mit Wirkung vom 1.1.2011 eingeführt worden.

Gestaltungsmöglichkeiten gibt es auch hinsichtlich des Vorsteuerabzugs aus der Anmietung von gewerblich oder freiberuflich genutzten Räumen, wenn nur einer der Ehegatten Unternehmer ist.

Aufgrund der Änderung der BFH-Rechtsprechung im Jahr 2018 zur (Nicht-)Unternehmereigenschaft von Bruchteilsgemeinschaften i. S. d. §§ 741 BGB (hierzu gehören auch Ehegattengemeinschaften) ist die Rechtslage unklar. Die Verwaltung hat sich derzeit (Stand: August 2019) noch nicht dazu geäußert, ob und ggf. in welchem Umfang sie die neue BFH-Rechtsprechung anwendet. Falls die Verwaltung die neue BFH-Rechtsprechung überhaupt anwenden wird, ist mit Vertrauensschutz- und Übergangsregelungen zu rechnen. Deshalb beruhen die nachfolgenden Ausführungen und Tipps noch auf der Grundlage der derzeitigen Verwaltungsauffassung, wobei jedoch auf eine mögliche Änderung der Rechtslage im Falle der allgemeinen Anwendung der geänderten BFH-Rechtsprechung hingewiesen wird.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die wichtigsten Rechtsnormen sind § 15 Abs. 1 UStG, § 15 Abs. 1b UStG; die Verwaltungsauffassung findet sich Abschn. 15.2b UStAE wieder.

1 Bestimmung des Vorsteuerabzugsberechtigten

1.1 Frühere BFH-Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung

Zum Vorsteuerabzug berechtigt ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH derjenige, der als Empfänger einer Leistung (Leistungsempfänger) anzusehen ist. Unmaßgeblich für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist die Frage, wer die Kosten getragen hat.[1]Leistungsempfänger ist grundsätzlich die Person, die aus dem schuldrechtlichen (zivilrechtlichen) Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt oder verpflichtet ist. Dies ist in aller Regel der Auftraggeber oder Besteller einer Leistung.[2]

Früher haben sowohl der BFH als auch die Verwaltung die Auffassung vertreten, dass bei gemeinschaftlichem Leistungsbezug im Zusammenhang mit der Errichtung von Gebäuden nur die Gemeinschaft (Ehegattengemeinschaft) Leistungsempfänger und damit vorsteuerabzugsberechtigt sein kann. Dies galt z. B., wenn beide Ehegatten die Bauhandwerker usw. beauftragten und dementsprechend die Rechnungen über die Bauleistungen auf den Namen der Ehegatten lauteten.

Falls die Ehegattengemeinschaft selbst kein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG sei, könne der Unternehmer-Ehegatte mangels Leistungsbezugs überhaupt keinen Vorsteuerabzug aus derartigen Bauvorhaben in Anspruch nehmen. Nach dieser inzwischen überholten Rechtsauffassung konnte somit weder die Ehegattengemeinschaft (weil sie keine Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG erlangte) noch der Unternehmer-Ehegatte (weil nicht er, sondern die Ehegattengemeinschaft die Bauleistungen empfangen hat) einen Vorsteuerabzug aus den Baukosten des Gebäudes in Anspruch nehmen.[3]

1.2 Änderungen der BFH-Rechtsprechung

1.2.1 Änderung der BFH-Rechtsprechung im Jahr 1998

Erstmals im Jahr 1998 änderte der BFH seine Rechtsprechung.[1] Er geht nunmehr davon aus, dass bei gemeinsamer Auftragsvergabe durch eine Bruchteilsgemeinschaft (z. B. eine Ehegattengemeinschaft) die Gemeinschafter anteilig Leistungsempfänger der der Bruchteilsgemeinschaft in Rechnung gestellten Leistungen geworden sind, wenn die Bruchteilsgemeinschaft selbst keine Umsätze ausführt.

Der BFH sieht bei einem Bauvorhaben von Ehegatten auf einem ihnen zu je ½ gehörenden unbebauten Grundstück, das von der Ehegattengemeinschaft als solcher nicht verwendet wird, beide Eheleute als Leistungsempfänger an.[2] Allerdings gesteht er dem Unternehmer-Ehegatten, der das gesamte Gebäude für seine unternehmerischen Zwecke nutzte, lediglich die Hälfte des Vorsteuerabzugs zu, während die andere Hälfte verloren geht.

Für den anteiligen Vorsteuerabzug des Unternehmer-Ehegatten reichen nach der BFH-Rechtsprechung die auf den Namen beider Eheleute ausgestellten Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis – auch ohne betragsmäßige Aufteilung je Ehegatten – aus.

[1] BFH, Urteil v. 1.10.1998, V R 31/98, nachträglich veröffentlicht in BStBl 20...

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