Als Reaktion auf die für den Fiskus ungünstige Seeling-Rechtsprechung des EuGH und BFH zum Vorsteuerabzug bei nur teilweise unternehmerisch genutzten Gebäuden[1] hatte die Verwaltung die Entnahme eines Gebäudes aus dem Unternehmensvermögen, das den Bauherrn ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt hat, als steuerpflichtig angesehen.[2]

Die Umsatzsteuerpflicht wurde von der Verwaltung grundsätzlich für alle Grundstücke und Gebäude angenommen, die ab dem 1.7.2004 angeschafft oder hergestellt worden sind. Im Fall einer Entnahme, z. B. aufgrund einer Betriebsaufgabe, hätte der Unternehmer somit auf alle Grundstücksteile, die er dem Unternehmensvermögen zugeordnet hatte, Umsatzsteuer abführen müssen. Es bestanden allerdings Bedenken, ob die Steuerpflicht der Grundstücksentnahme dem Unions-Recht entspricht.[3] Die EU-Kommission hatte deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG-Vertrag gegen Deutschland eingeleitet.[4]

Die Verwaltung hat noch vor einer Entscheidung des EuGH ihre Auffassung geändert. Sie sieht nunmehr die Entnahme eines dem Unternehmensvermögens zugeordneten Grundstücks – wie bereits in der Zeit vor dem 1.7.2004 – als steuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG an. Die Steuerbefreiung kann in allen noch offenen Entnahmefällen angewendet werden.[5]

Damit droht dem Unternehmer (auch Ehegattengemeinschaften oder Ehegatten-GbR) bei Entnahmen im für Grundstücke geltenden Berichtigungszeitraum von 10 Jahren lediglich eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zu seinen Lasten. Die zu einer wesentlich höheren Umsatzsteuerbelastung führende Besteuerung der Entnahme entfällt.[6] Bei Entnahmen nach Ablauf des Vorsteuerberichtigungszeitraums von 10 Jahren wird der Unternehmer überhaupt nicht mit Umsatzsteuer belastet.

[1]

S. Abschnitt 2.4.

[3] Lehr, DStR 2004, S. 899; Sikorski, NWB Fach 7, S. 6263; Zugmaier, NWB Fach 7, S. 6413.
[4] Fromm, DStR 2007, S. 1471; Kraeusel, UR 2008, S. 243 und Küffner/Zugmaier, NWB Fach 7, S. 7055.
[6] Sikorski, NWB Fach 7, S. 7121.

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