Ende 2018 hat der BFH – in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass eine Bruchteilsgemeinschaft i. S. d. §§ 741 ff. BGB (hierzu gehören auch Ehegattengemeinschaften) mangels zivilrechtlicher Rechtsfähigkeit aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht kein Unternehmer sein kann.[1] Nach dieser geänderten BFH-Rechtsprechung liegen bei Bruchteilsgemeinschaften zivil- und umsatzsteuerrechtlich durch die Gemeinschafter als jeweiliger Unternehmer anteilig erbrachte Lieferungen und sonstige Leistungen vor (Ausgangsseite). Diese Beurteilung wirkt sich auch auf den Vorsteuerabzug aus (Eingangsseite), weil nicht die Bruchteilsgemeinschaft selbst, sondern lediglich der einzelne Gemeinschafter als Leistungsempfänger vorsteuerabzugsberechtigt sein kann. Der BFH geht nunmehr davon aus, dass bei gemeinsamer Auftragsvergabe durch eine Bruchteilsgemeinschaft (z. B. eine Ehegattengemeinschaft) die Gemeinschafter stets anteilig Leistungsempfänger der der Bruchteilsgemeinschaft in Rechnung gestellten Leistungen geworden sind. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung galt dies nur, wenn die Bruchteilsgemeinschaft selbst keine Umsätze ausführte.[2]

Die neue BFH-Rechtsprechung hat erhebliche Auswirkungen insbesondere auf den Vorsteuerabzug von Ehegatten, denen gemeinsam ein bebautes Grundstück gehört oder die auf einem ihnen gemeinsam gehörenden unbebauten Grundstück ein Gebäude errichten, welches ganz oder teilweise unternehmerisch genutzt wird.[3] Bislang hat die Verwaltung die neue BFH-Rechtsprechung noch nicht im BStBl II veröffentlicht. Damit dürfen die Finanzämter diese neue BFH-Rechtsprechung noch nicht anwenden. Die Verwaltung ist bis auf Weiteres an die Anweisungen im UStAE gebunden. In der Literatur ist das BFH-Urteil vom 22.11.2018[4] teilweise auf heftige Kritik gestoßen. Stimmen in der Literatur fordern das BMF auf, das BFH-Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.[5] Auch von Seiten der Steuerberaterschaft wird das Urteil als praxisfremd kritisiert und gefordert, es nicht allgemein anzuwenden, sondern die bisherige Rechtslage hinsichtlich der Bruchteilsgemeinschaften gesetzlich abzusichern.[6] Es bleibt also abzuwarten, wie die Verwaltung auf die neue BFH-Rechtsprechung reagiert. Falls die Verwaltung die neue BFH-Rechtsprechung im BStBl II veröffentlichen und damit für allgemein anwendbar erklären sollte, ist mit einer Vertrauensschutz- und Übergangsregelung zu rechnen. Die nachfolgenden Ausführungen gehen von der bisherigen Rechtslage (ohne Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 22.11.2018) aus.

Nicht von der neuen BFH-Rechtsprechung betroffen sind Eheleute, die ihre Grundstücksgeschäfte im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausüben (sog. BGB-Gesellschaft i. S. d. §§ 705 ff. BGB). Es ist unbestritten, dass eine GbR – auch wenn sie zivilrechtlich nicht rechtsfähig ist – umsatzsteuerrechtlich sowohl Umsätze ausführen als auch in ihrer Eigenschaft als GbR den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann.

[3] Vgl. Stadie, UR 2019, S. 529, Heidner, DB 2019, S. 398, Heinrichshofen, UVR 2019, S. 178.
[5] Vgl. z. B. Lange, UR 2019, S. 361, Stadie, UR 2019, S. 529.
[6] Vgl. Eingabe der Bundessteuerberaterkammer an das BMF, MwStR 2019, S. 569.

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