Leitsatz

Der Feststellungsbescheid nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG ist sowohl Grundlagenbescheid für den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts als auch für den Grunderwerbsteuerbescheid.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3a, § 1 Abs. 2a GrEStG, § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 Satz 1 AO

 

Sachverhalt

Im Vermögen der Klägerin, einer KG, befanden sich Grundstücke in unterschiedlichen Finanzamtsbezirken. Durch notariellen Vertrag vom 18.1.2002 wurden sämtliche Kommanditanteile übertragen; der Notar zeigte diesen Vorgang jedoch nicht an.

Nachdem das für die Prüfung der Klägerin zuständige FA von diesem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte, stellte es mit Bescheid vom 4.12.2009, bekannt gegeben am 7.12.2009, gegenüber der Klägerin gesondert und einheitlich die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer fest.

Ein weiteres FA stellte sodann am 8.3.2011 den Grundbesitzwert für das in seinem Bezirk liegende Grundstück fest. Das für die Festsetzung der Grunder­werbsteuer zuständige FA – der Beklagte und Revisionsbeklagte – setzte schließlich mit Bescheid vom 21.3.2011 Grunderwerbsteuer fest; dieser Bescheid wurde am 12.5.2011 wegen Änderung des Wertfeststellungsbescheids ebenfalls noch geändert.

Die Klage gegen den Grunderwerbsteuerbescheid, welche die Klägerin mit dem Hinweis auf den Eintritt der Festsetzung- bzw. Feststellungsverjährung begründete, wies die Vorinstanz ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.5.2015, 15 K 4287/11, Haufe-Index 8131794, EFG 2015, 1418).

 

Entscheidung

Auch die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 12.5.2011 war insbesondere nicht deshalb rechtswidrig, weil er in festsetzungsverjährter Zeit ergangen wäre.

Der Wechsel der Kommanditanteile am 18.1.2002 erfüllte den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG werden die Besteuerungsgrundlagen in diesen Fällen gesondert festgestellt, wenn u.a. ein außerhalb des Bezirks des FA liegendes Grundstück betroffen ist. Diese Feststellung erfolgte im Streitfall durch Bescheid mit Wirkung vom 7.12.2009. Zu diesem Zeitpunkt war die reguläre Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist mangels Anzeige noch nicht abgelaufen, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO.

Zu den festzustellenden Besteuerungsgrundlagen gehören u.a. die verbindlichen Entscheidungen über den Erwerbsvorgang dem Grunde nach, den Steuerschuldner und die betroffenen Grundstücke. Der Feststellungsbescheid war damit Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO für den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts und den Grunderwerbsteuerbescheid.

Im Entscheidungsfall führte dies dazu, dass nach § 171 Abs. 10 AO die Feststellungsfrist für den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts und ­die Festsetzungsfrist für den Grunderwerbsteuerbe­scheid nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheids nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG endeten.

Der Feststellungsbescheid wurde am 7.12.2009 bekannt gegeben. Die Feststellungsfrist für den Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts und die Festsetzungsfrist für den Grunderwerbsteuerbescheid endeten daher erst am 7.12.2011 (§ 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Damit durfte der Grunderwerbsteuerbescheid am 12. Mai noch ergehen.

 

Hinweis

Im Besprechungsfall kam es im Mai 2011 zu einer Grunderwerbsteuerfestsetzung für einen Erwerb aus dem Januar 2002. Der Steuerbescheid für einen Gesellschafterwechsel nach § 1 Abs. 2a GrEStG durfte nach neun Jahren noch ergehen, weil zwei Umstände die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist entscheidend verlängert hatten.

Zum einen wäre die Erfüllung des Erwerbstatbestands dem zuständigen (§ 17 GrEStG) FA anzuzeigen gewesen, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG. Die unterlassene Anzeige führte dazu, dass die Feststellungsfrist nach einer dreijährigen Anlaufhemmung erst mit Ablauf des Jahres 2005 begann und damit zunächst regulär mit Ablauf des 31.12.2009 geendet hätte.

Zum anderen war es aber am 7.12.2009 dem FA noch gelungen, einen im Fall des § 1 Abs. 2a GrEStG notwendigen Feststellungsbescheid nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG zu erlassen. Dieser Feststellungsbescheid ist überaus wichtig für das folgende Verfahren, da hier u.a. Regelungen über die Erfüllung des Erwerbstatbestands und zu den betroffenen Grundstücken getroffen werden.

Damit war auch im Streitfall der Feststellungsbescheid ein Grundlagenbescheid sowohl für die spätere Feststellung des Grundbesitzwerts als auch für den Erlass des eigentlichen Grunderwerbsteuerbescheids. Beide Bescheide durften nach der Systematik von Grundlagen- und Folgebescheiden noch innerhalb von zwei Jahren seit Bekanntgabe des Grundlagenbescheids, d.h. bis zum 7.12.2011, ergehen.

In der Praxis kann die Systematik von Grundlagen- und Folgebescheiden nicht beeinflusst werden. Wichtig ist aber – vor allem im Hinblick auf § 351 Abs. 2 AO – die Erkenntnis, dass Regelungen, die bereits Gegenstand eines Grundlagenbescheids waren, auch do...

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