Im B2B-Geschäft sind die Waren- und Leistungsströme, die elektronisch erfolgen, noch relativ problemlos nachzuvollziehen, denn jeder Unternehmer, der Umsatzsteuer auf Leistungen für sein Unternehmen bezahlt, möchte diese als Vorsteuer geltend machen. Dazu benötigt er Nachweise, die das Finanzamt dann prüfen kann. Etwas anderes dagegen sind Leistungen, die an Privatleute erbracht werden. Hier hätte die Finanzverwaltung kaum Kontrollmöglichkeiten und fürchtet Einnahmenverluste. Das war mit ein Grund, weshalb die Umsatzbesteuerung elektronischer Dienstleistungen neu geregelt wurde. Seit dem 1.1.2015 gilt für Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehleistungen und bei auf elektronischem Weg erbrachten Leistungen an Nichtunternehmer der Ort als Ort der sonstigen Leistung, an dem der (private) Leistungsempfänger seinen Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat (Art. 58 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie / MwStSystRL in der ab 1.1.2015 geltenden Fassung). Der Umsatz wird also im Land des Verbrauchs besteuert (= Verbrauchslandprinzip). Kauft ein Kunde in Deutschland bei einem Händler im europäischen Ausland eine elektronische Dienstleistung, wie z. B. ein E-Book, fällt die Umsatzsteuer nicht am Sitz des Anbieters, sondern in Deutschland an (§ 3a Abs. 5 Umsatzsteuergesetz / UStG).

9.1 Elektronische Dienstleistungen im Direktkundengeschäft (B2C)

Elektronische Dienstleistungen sind nach der Definition der Europäischen Union solche, die mit „nur geringer menschlicher Beteiligung über ein Datennetz erbracht“ werden. Damit eine elektronische Dienstleistung vorliegt, müssen also vier Voraussetzungen erfüllt sein.

  • Die Leistung erfolgt entweder übers Internet oder ein sonstiges elektronisches Netz.
  • Die Leistung wird durch die Informationstechnologie ermöglicht.
  • Die Leistung ist weitestgehend automatisiert.
  • Wenn eine menschliche Beteiligung für die Leistungserbringung erforderlich ist, darf sie lediglich minimal sein.

Beispiele für elektronisch erbrachte Dienstleistungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

  • Bereitstellung von Websites, Webhosting
  • Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen
  • Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung
  • Bereitstellung von Bildern (z. B. Gewährung des Zugangs oder des Herunterladen von Desktop-Gestaltungen, Fotos, Bildern und Bildschirmschonern)
  • Bereitstellung von Texten und Informationen
  • Bereitstellung von Datenbanken (z. B. Suchmaschinen, Internetverzeichnisse)
  • Bereitstellung von Musik, Jingles, Ausschnitten, Klingeltönen und anderen Tönen
  • Bereitstellung von Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien
  • Bereitstellung von Sendungen und Veranstaltungen
  • Erbringung von Fernunterrichtsleistungen
  • Online-Verkäufe, die kein oder nur wenig menschliches Eingreifen erfordern (z. B. Online-Marktplatz, Online-Einkaufsportal)
  • Internet Service-Pakete, die mehr als nur die Gewährung des Zugangs zum Internet ermöglichen und weitere Elemente umfassen (z. B. Nachrichten, Wetterbericht, Reiseinformationen, Spielforen, Web-Hosting, Zugang zu Chatlines usw.)

9.2 Dienstleistungen im B2B-Bereich

Wer als deutscher Unternehmer im reinen B2B-Geschäft (Business to Business) unterwegs ist, wer also lediglich andere Unternehmer als Kunden hat, für den gelten – auch wenn die Unternehmerkunden im Ausland ansässig sind – die „üblichen“ bekannten Regelungen.

Grundbedingung ist, dass die Dienstleistung an den Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht wird. Ist das nicht der Fall, gilt auch der empfangende Unternehmer als Privatperson.

9.3 Preisangaben auf der Website

Nach § 1 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) muss jeder, der Verbrauchern – nicht Unternehmern – gegenüber gewerbs- oder geschäftsmäßig Leistungen anbietet, die Bruttopreise angeben, also die Endpreise einschließlich der Umsatzsteuer, die der Endabnehmer zu zahlen hat.

Wenn aber bei Leistungen ins Ausland der dortige Steuersatz maßgebend ist, müsste der Unternehmer für jedes Land, in das er liefern kann und will, getrennte Bruttopreise angeben. Der Ausweg hier: Statt eines Bruttopreises nennt er den Nettopreis und hinterlegt die jeweils aktuellen Umsatzsteuersätze der verschiedenen Länder auf seiner Homepage. So kann sich der Kunde den Endpreis selbst ausrechnen.

Es ist noch nicht ausdiskutiert, ob es genügt, seine eigene Homepage zu einer offiziellen Seite, die die jeweiligen Umsatzsteuersätze aufzeigt, zu verlinken.

9.4 Übersicht Umsatzsteuersätze der EU-Mitgliedstaaten sowie der Kandidatenstaaten

Liste der Normalsätze und ermäßigten Steuersätze (ohne Nullsätze) in Prozent (Stand Februar 2020).

 
Mitgliedstaat Nullsatz normal ermäßigter Steuersatz Normalsatz Zwischensatz
Belgien ja 6 21 12
Bulgarien nein 9 20
Dänemark ja 25
Deutschland nein 7 19
Estland nein 9 20
Finnland ja 10 24 14
Frankreich nein

2,1

5,5

10
20
Griechenland nein

6

13
24
Irland ja

4,8

9
23 13,5
Italien nein

4

5

10
22
Kroatien nein

5

13
25
Lettland nein

5

12
21
Litauen nein

5

9
21
Luxemburg nein

3

8
17 14
Malta ja

5

7
18
Niederlande nein 9 21
Österreich nein

10

13
20
Polen nein

5

8
23
Portugal nein

6

13
23
Rumänien nein

5

9
19
Schweden ja

6

12
25
Slowakei nein 10 20
Slowenien nein 9,5 22
Spanien nein

4

10
21
Tschechien nein

10

15
21
Ungarn nein

5

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