Leitsatz

Ansprüche auf Erstattung von Steuern können grundsätzlich abgetreten werden (§ 46 Abs. 1 AO). Der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungsansprüchen zum Zwecke der Einziehung oder der sonstigen Verwertung ist jedoch – abgesehen von Sicherungsabtretungen an Unternehmen – unzulässig (§ 46 Abs. 4 Satz 1 AO).

Geschäftsmäßig ist eine Tätigkeit, die selbständig und in Wiederholungsabsicht ausgeführt wird (BFH, Urteil v. 23. 10. 1985, VII R 196/82, BStBl 1986 II S. 124). Es nimmt einem Erwerb nicht den Charakter der Geschäftsmäßigkeit, wenn die Absicht fehlt, einen Gewinn oder sonstigen Vorteil zu erzielen. Der geschäftsmäßige Erwerb von Erstattungsansprüchen ist ungeachtet des Rechtsverhältnisses zwischen dem Zedenten und dem Zessionar nicht zulässig. Dies gilt auch dann, wenn der Einkommensteuer-Erstattungsanspruch des Arbeitnehmers aufgrund eines nach ausländischem Recht zu beurteilenden Arbeitsvertrages (zivilrechtlich) dem Arbeitgeber zusteht (→ Abtretung ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 04.02.1999, VII R 112/97

Zur Erläuterung:

Die Entscheidung betrifft einen Arbeitgeber, der mit seinen polnischen Arbeitnehmern Arbeitsverträge abschloß, aufgrund deren der Lohn voll ausbezahlt wurde. Die Lohnsteuer wurde generell aufgrund des Nettolohns errechnet und an das FA abgeführt. Für einen in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer wurde beim FA neben seiner Einkommensteuererklärung eine Abtretungsanzeige, nach der der Arbeitnehmer seinen Erstattungsanspruch an den Arbeitgeber abgetreten hatte, eingereicht.

FA, FG und BFH halten übereinstimmend die Abtretung des Erstattungsanspruchs an den Arbeitgeber für unzulässig. Dem Urteil ist zuzustimmen. Das Ziel der Regelung des § 46 Abs. 4 AO, die dingliche Rechtsposition des Steuerpflichtigen zu stärken, verlangt Beachtung ungeachtet des Inhalts und der Angemessenheit des von Zessionar (Arbeitgeber) und Zedent (Arbeitnehmer) geschlossenen Arbeitsvertrags. Ob das Verbot des geschäftsmäßigen Erwerbs durch die Erteilung eines Inkasso-Mandats hätte umgangen werden können, erscheint zweifelhaft. Der BFH scheint die Erteilung einer speziellen Inkassovollmacht für zulässig zu halten (vgl. BFH, Urteil v. 16. 10. 1990, VII R 118/89, BStBl 1991 II S. 3, 5). Jedenfalls hätte der Arbeitgeber den Erstattungsanspruch in der Weise geltend machen können, dass er sich von seinem Arbeitnehmer bevollmächtigen ließ, den Erstattungsanspruch im Namen des Arbeitnehmers geltend zu machen. Die weitere Rechtsentwicklung zu den Ausweichgestaltungen bleibt abzuwarten.

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