Rz. 2

Der Begriff des Genussrechts findet sich an zahlreichen Stellen im nationalen Recht.[1] Eine Definition für diesen Begriff ergibt sich allerdings weder aus den gesetzlichen Regelungen im Handelsgesetzbuch noch aus den sonstigen gesellschaftsrechtlichen sowie den aufsichtsrechtlichen und ertragsteuerlichen Vorschriften.[2] Dies ist auf eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zurückzuführen, der auf eine Begriffsbestimmung verzichtet hat, um die zahlreichen Ausgestaltungsmöglichkeiten und Zweckbestimmungen von Genussrechten nicht einzuschränken und eine flexible Anpassung der Ausgabebedingungen von Genussrechten an zukünftige wirtschaftliche Veränderungen zu ermöglichen.[3] Der Gesetzgeber gewährt damit nach h. M. im Zusammenhang mit der Ausgestaltung von Genussrechten in den sog. Genussrechtsbedingungen überwiegend Vertragsfreiheit.[4] Die Vertragsfreiheit hinsichtlich der Genussrechtsbedingungen findet jedoch ihre Grenzen in den Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gemäß den §§ 305 ff. BGB.[5] Handelt es sich bei den ausgebenden Unternehmen um kapitalmarktorientierte Gesellschaften, sind darüber hinaus auch kapitalmarktbezogene Bestimmungen bei der Festlegung von Genussrechtsvereinbarungen zu beachten.[6] Zudem sind für Aktiengesellschaften vor allem in § 221 AktG besondere Vorschriften über Genussrechte festgeschrieben. Losgelöst von der grundsätzlichen Vertragsfreiheit, den kapitalmarktbezogenen Bestimmungen sowie den Regelungen in § 221 AktG lässt sich aber der Begriff des Genussrechts an den Verwendungsmöglichkeiten, dem rechtlichen Charakter, der Verbriefung sowie den inhaltlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Genussrechten näher konkretisieren.[7]

[2] Vgl. dazu bspw. Ziebe, BB 1984, S. 2211; Sarrazin, StbJb 1985/1986, S. 144; Angerer, Genussrechte bzw. Genussscheine als Finanzierungsinstrument, 1993, S. 3; Dross, Genussrechte, 1996, S. 35; Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4 zu Heft 8, S. 2; Schaber/Kuhn/Eichhorn, BB 2004, S. 315; Stegemann, GStB 2004, S. 208; Florstedt, in Zöllner/Noack, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2017, § 221 AktG Rz. 511.
[3] Vgl. Ernst, Der Genussschein im deutschen und schweizerischen Aktienrecht, 1963, S. 56 ff.; Knoppe, BB 1966, S. 281; Sontheimer, BB 1984, Beilage 19 zu Heft 30, S. 1 f.; Hedrich/Stedler, ZfgK 1987, S. 192.
[4] Vgl. Drechsler, ZfgK 1981, S. 347; Winterfeld, Sparkasse 1983, S. 328; Claussen, Der Genussschein und seine Einsatzmöglichkeiten, in Hadding, Handels- und Wirtschaftsrecht in der Bankpraxis, Festschrift für Winfried Werner zum 65. Geburtstag am 17. Oktober 1984, 1984, S. 82; Fischer, Der Genussschein als kapitalmarktpolitisches Instrument der Unternehmensfinanzierung, 1989, S. 23; Singer, Genussscheine als Finanzierungsinstrument, 1991, S. 20; Frantzen, Genussscheine, 1993, S. 5; Dross, Genussrechte, 1996, S. 36; Eisele/Knobloch, Technik des betrieblichen Rechnungswesens, 9. Aufl. 2019, S. 237.
[5] Vgl. BGH, Urteil v. 5.10.1992, II ZR 172/91, BGHZ (199) S. 301 ff.; ferner Lutter, DB 1993, S. 2442 m. w. N.
[6] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden auch Dross, Genussrechte, 1996, S. 37 m. w. N.
[7] Im Schrifttum wird der Begriff des Genussrechts vielfach auch durch eine Abgrenzung zu ähnlichen Finanzinstrumenten konkretisiert. Auf eine solche Abgrenzung zu ähnlichen Finanzinstrumenten wird an dieser Stelle verzichtet. Vgl. zur Abgrenzung von Genussrechten gegenüber (stimmrechtslosen) Vorzugsaktien Sontheimer, BB 1984, Beilage 19 zu Heft 30, S. 2; Fischer, Der Genussschein als kapitalmarktpolitisches Instrument der Unternehmensfinanzierung, 1989, S. 33; Bieg, StB 1997, S. 482. Vgl. zur Abgrenzung von Genussrechten gegenüber stillen Gesellschaften Emde, Der Genussschein als Finanzierungsinstrument, 1987, S. 12 f. (Diss.); Ziebe, DStR 1991, S. 1594; Frantzen, Genussscheine, 1993, S. 14 ff.; Bieg, StB 1997, S. 482; BMF, Schreiben v. 11.4.2023, IV C 6 – S 2133/19/10004: 002, BStBl 2023 I S. 672, Rz. 4 f. Vgl. zur Abgrenzung von Genussrechten gegenüber Gewinnschuldverschreibungen Ziebe, DStR 1991, S. 1594 f.; Bieg, StB 1997, S. 482 f. Vgl. zur Abgrenzung von Genussrechten gegenüber partiarischen Darlehen Pougin, Genussrechte, in Jagenburg/Maier-Reimer/Verhoeven, Festschrift für Walter Oppenhoff zum 80. Geburtstag, 1985, S. 277; Emde, Der Genussschein als Finanzierungsinstrument, 1987, S. 11 (Diss.); Ziebe, DStR 1991, S. 1594; BMF, Schreiben v. 11.4.2023, IV C 6 – S 2133/19/10004: 002, BStBl 2023 I S. 672 f., Rz. 6. Vgl. zur Abgrenzung von Genussrechten gegenüber Schuldverschreibungen Fischer, Der Genussschein als kapitalmarktpolitisches Instrument der Unternehmensfinanzierung, 1989, S. 36 ff.; Baum, ZBB 2003, S. 15.

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