Leitsatz

Genossenschaftsanteile können gewillkürtes Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sein, wenn sie objektiv geeignet sind, den Betrieb zu fördern. Ein derartiger Förderzusammenhang kann bestehen, wenn es sich um eine Beteiligung an einem Unternehmen handelt, mit dem der land- und forstwirtschaftliche Betrieb typischerweise Geschäftsbeziehungen unterhält.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, § 13 EStG

 

Sachverhalt

Ein bilanzierender Landwirt hatte seit Jahren Genossenschaftsanteile an einem regionalen Elektrizitätswerk mit einem Wert von 500 DM aktiviert. Aktiviert waren außerdem auch Genossenschaftsanteile an einer Viehzentrale und der Volksbank. Dividenden schüttete das Elektrizitätswerk nicht in jedem Jahr aus; die letzten Ausschüttungen hatten 42,50 EUR betragen. Aufgrund des Übernahmeangebots eines überregionalen Energieversorgers veräußerte der Landwirt den Anteil für 52 000 DM.

Im Jahresabschluss des betreffenden Wirtschaftsjahrs buchte der Landwirt den Anteil bilanzberichtigend zum Buchwert aus, weil er kein Betriebsvermögen habe. Das FA war anderer Ansicht und erfasste den Veräußerungsgewinn bei den land- und forstwirtschaftlichen Einkünften.

 

Entscheidung

Weder Klage noch Revision hatten Erfolg. FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.09.2006, 4 K 105/03, Haufe-Index 1784802) und BFH teilten die Auffassung des FA, der Genossenschaftsanteil sei gewillkürtes Betriebsvermögen gewesen.

 

Hinweis

1. Während Gewerbetreibende nach Meinung des BFH grundsätzlich jede Art von Wirtschaftsgut zum gewillkürten Betriebsvermögen ziehen können, gelten bei Land- und Forstwirten und Freiberuflern diesbezüglich Einschränkungen. Es wird nämlich nur die Willkürung von Wirtschaftsgütern zugelassen, die eine besondere sachliche Nähe zum jeweiligen Betrieb aufweisen. Ein Grund für die Beschränkung kann vielleicht darin gesehen werden, dass nur die besonderen Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit als Land- und Forstwirt oder Freiberufler eine Privilegierung der beiden Einkunftsarten rechtfertigen (z.B. bei der GewSt).

2. Welche Wirtschaftsgüter nun konkret von einem Land- und Forstwirt als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden dürfen, konnte bisher nicht im Sinn einer allgemeingültigen Formel beschrieben werden. Die Rechtsprechung geht hier kasuistisch vor und hat etwa ein vermietetes Gebäude dann nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen anerkannt, wenn das Grundstück zugekauft wurde (BFH, Urteil vom 28.07.1994, IV R 80/92, BFH/NV 1995, 288). Ebenso wurde kürzlich ein vom Landwirt entgeltlich erworbenes und von einem Dritten abzubauendes Substanzvorkommen nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen beurteilt (BFH, Urteil vom 24.01.2008, IV R 45/05, BFH/NV 2008, 1229, BFH/PR 2008, 338). Wertpapiere wurden vor langer Zeit als Betriebsvermögen anerkannt, wenn sie die Funktion einer Liquiditätsreserve haben (BFH, Urteil vom 30.07.1964, IV 20/63 U, Haufe-Index 411331, BStBl III 1964, 574). Grundsätzlich werden Geldanlagen bei landwirtschaftlichen Betrieben wohl wegen des höheren Kapitalbedarfs für die laufenden Geschäfte eher als Betriebsvermögen in Betracht kommen als bei Freiberuflern (vgl. BFH, Urteil vom 24.02.2000, IV R 6/99, BFH/NV 2000, 916; zu weit gehend deshalb m.E. FG Hamburg, Urteil vom 25.04.2007, 2 K 239/05, Haufe-Index 1774193, EFG 2007, 1414; a.A. aber FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.10.2007, 5 K 231/04, Haufe-Index 1891873, EFG 2008, 538, Revision anhängig unter VIII R 1/08). Keinesfalls können allerdings verlustgefährdete Geldanlagen zum Betriebsvermögen gezogen werden.

3. Im Besprechungsfall ging es um Genossenschaftsanteile. Solche sind in der Landwirtschaft weit verbreitet, insbesondere Anteile an Erwerbs- und Absatzgenossenschaften. Derartige Anteile sind zweifellos Betriebsvermögen, und zwar notwendiges Betriebsvermögen. Ebenso wird der Anteil an einer Genossenschaftsbank, über die die Zahlungsvorgänge des Betriebs abgewickelt werden, notwendiges Betriebsvermögen sein.

Die Geschäftsbeziehungen von landwirtschaftlichen Betrieben zu Energieversorgungsunternehmen sind unterschiedlich ausgeprägt. Der BFH hat hier die Behandlung von Anteilen am Energieversorger als gewillkürtes Betriebsvermögen zugelassen. Im Einzelfall kann ein solcher Anteil aber auch notwendiges Betriebsvermögen sein, insbesondere wenn der Energieversorger nicht nur Lieferant, sondern Abnehmer des Betriebs ist (etwa bei Stromerzeugung durch Biogas, Wind- oder Sonnenenergie).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.09.2009 – IV R 14/07

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