Die Abschreibung eines Gebäudes beginnt mit dessen Anschaffung bzw. im Herstellungsfall mit dessen Fertigstellung.

§ 7 Abs. 1 EStG ist zu entnehmen, dass Gegenstand der AfA das abnutzbare Wirtschaftsgut im Ganzen ist. Wer ein Gebäude errichtet, hat dieses grundsätzlich als einheitliches Wirtschaftsgut mit dem Gesamtbetrag der Herstellungskosten zu bewerten und einheitlich AfA der Nutzungsdauer entsprechend vorzunehmen. Die Vornahme von AfA setzt aber nicht immer voraus, dass das einheitlich geplante Gebäude insgesamt bereits fertig gestellt ist. Es genügt, dass ein Teil des Gebäudes, das jedoch einem eigenständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang dienen soll, abgeschlossen erstellt ist und auch genutzt wird. Eine Bewertungseinheit im vorstehenden Sinn liegt regelmäßig auch in den Fällen des abschnittsweisen Innenausbaus vor, d. h., wenn zunächst nur der Rohbau und ein Teil des Innenausbaus betriebsbereit erstellt werden, das Gebäude im Übrigen aber erst zu einem späteren Zeitpunkt bauplangemäß fertiggestellt wird. Abschreibungsgrundlage sind die gesamten bisher angefallenen Herstellungskosten des Gebäudes.[1] AfA von unselbstständigen Teilen eines Gebäudes sind unzulässig, wenn es sich nicht um gesetzlich ausdrücklich zugelassene Sonderabschreibungen handelt. Auch ein Gebäude, das in mehreren Bauabschnitten errichtet wird, ist i. d. R. eine Bewertungseinheit. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass ein nach dem ersten Bauabschnitt bereits in sich geschlossenes und nutzbares Gebäude in späteren Bauabschnitten durch Zubauten lediglich ergänzt wird.[2]

 
Praxis-Beispiel

Errichtung eines Mietwohngrundstücks in Bauabschnitten

A errichtet ein Mietwohngrundstück. Im EG und im DG soll jeweils 1 Wohnung entstehen, die für fremde Wohnzwecke vermietet werden soll.

Fall 1:

A möchte das Gebäude "in einem Zuge" fertigstellen. Die EG-Wohnung wird bereits im Dezember 2022, die DG-Wohnung im Februar 2023 fertiggestellt.

Fall 2:

A stellt zunächst die EG-Wohnung fertig (Dezember 2022). Das DG soll erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgebaut werden, wobei die Anschlüsse bereits fertig verlegt sind. Der Ausbau wird erst in 2025 fertiggestellt.

Das Gebäude stellt ein Wirtschaftsgut dar (Nutzung zu fremden Wohnzwecken). Eine Fertigstellung liegt erst vor, wenn das Gesamtgebäude (beide Wohnungen) fertiggestellt ist. Die Fertigstellung der anderweitig genutzten weiteren Gebäudeteile ist hierbei unerheblich. Im Fall 1 kann somit erst in 2023 eine AfA vorgenommen werden.

Wird das Gebäude in Abschnitten gebaut (Fall 2), ist bereits mit Fertigstellung des ersten Abschnitts (= Fertigstellung der ersten Wohnung in 2022) eine AfA vorzunehmen. Bemessungsgrundlage sind die bis dahin angefallenen Herstellungskosten für das Gesamtgebäude. Die Aufwendungen für den Ausbau der Dachgeschosswohnung stellen nachträgliche Herstellungskosten dar.[3] Diese führen zu einer Erhöhung der AfA-Bemessungsgrundlage.

Die Errichtung eines Gebäudes in Bauabschnitten kann nur vorliegen, wenn die Bauabwicklung für das Gesamtgebäude nicht zusammenhängend in einem Zug erfolgt (z. B. aufgrund finanzieller Engpässe). Witterungsbedingte Unterbrechungen führen nicht zur Annahme eines Baus in Abschnitten.

Besteht ein Gebäude aus mehreren selbstständigen ­Gebäudeteilen, sind diese fertiggestellt, sobald sie bestimmungsgemäß nutzbar sind.[4] Hinsichtlich der AfA ergeben sich Besonderheiten, wenn die einzelnen Gebäudeteile in verschiedenen Jahren fertiggestellt werden. Bei der Errichtung eines zur unterschiedlichen Nutzung bestimmten Gebäudes sind die Herstellungskosten des noch nicht fertiggestellten selbstständigen Gebäudeteils in die AfA-Bemessungsgrundlage des bereits fertiggestellten Gebäudeteils einzubeziehen.[5]

Wird bei der Errichtung eines zur unterschiedlichen Nutzung bestimmten Gebäudes zunächst ein zum Betriebsvermögen gehörender Gebäudeteil und danach ein zum Privatvermögen gehörender Gebäudeteil fertiggestellt, hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, ob er vorerst in die AfA-Bemessungsgrundlage des fertiggestellten Gebäudeteils die Herstellungskosten des noch nicht fertiggestellten Gebäudeteils einbezieht oder ob er hierauf verzichtet.[6]

[5] H 7.3 EStH "Fertigstellung von Teilen eines Gebäudes zu verschiedenen Zeitpunkten".
[6] R 7.3 Abs. 2 EStR "Fertigstellung von Teilen eines Gebäudes zu verschiedenen Zeitpunkten".

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