Leitsatz

1. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG für gemeinnützige Körperschaften ist nur zu gewähren, wenn die Vereinssatzung die formellen Anforderungen an die sog. Vermögensbindung nach § 61 AO erfüllt.

2. Hierzu ist erforderlich, dass die Vereinssatzung eine Regelung sowohl hinsichtlich der Auflösung und der Aufhebung als auch bei Zweckänderung enthält.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG 1993, § 61 AO

 

Sachverhalt

Ein Verein, der sich mit der Erhaltung und Züchtung einer bestimmten Hunderasse beschäftigt, aber in seiner Satzung keine Regelung zur Vermögensbindung enthielt, begehrte vergeblich die Steuerermäßigung für seine Umsätze.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.11.2006, 16 K 9/06, Haufe-Index 2126741).

 

Entscheidung

Die Revision hatte keinen Erfolg; die Satzung entsprach auch nicht derjenigen zur Vermögensbindung in der alten Mustersatzung, sodass für den Kläger auch kein Erlass in Betracht kommen dürfte.

 

Hinweis

1. Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG setzt die Gemeinnützigkeit der Körperschaft voraus. Diese richtet sich nach der AO. Die Anforderungen an die Satzung sind dort klar geregelt. In Ausfüllung der Anforderungen an die sog. formelle Satzungsmäßigkeit (§§ 52 bis 55 AO) bestimmt § 61 Abs. 1 AO, dass eine Vermögensbindung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO nur vorliegt, "wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist". Nur für bestimmte, genau bezeichnete Körperschaften gilt nach § 62 AO eine Ausnahme.

2. Die gesetzlich vorgeschriebene Festlegung des Satzungszwecks und auch der künftigen Vermögensverwendung hat die Funktion eines Buchnachweises. Fehlerhafte Satzungsbestimmungen können daher weder durch außerhalb der Satzung getroffene Vereinbarungen noch durch Regelungen in anderen Satzungen ergänzt werden. Ohne Bedeutung ist auch eine den steuerbegünstigten Zwecken tatsächlich entsprechende Geschäftsführung des Vereins, denn die Berücksichtigung außerhalb der Satzung liegender Begleitumstände oder des nicht in der Satzung manifestierten Willens der Mitglieder würde dem Gebot des Buchnachweises widersprechen.

Daher müssen Regelungen über die Vermögensbindung sowohl bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks in der Satzung selbst getroffen werden. Davon gibt es keine Ausnahmen, insbesondere nicht die vom FG Hamburg angestellte Überlegung, für einen späteren Wegfall des Satzungszwecks gebe es nach dessen Art und Inhalt keinen Anhaltspunkt (Urteil vom 12.11.2002, VII 122/01, Haufe-Index 920614, DStRE 2003, 634).

3. Die frühere Mustersatzung des BMF (BStBl I 1987, 678) nannte allerdings bei Vereinen in § 5 des Mustertexts lediglich die Auflösung und die Zweckänderung, nicht aber die Aufhebung ("Bei Auflösung des Vereins oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen des Vereins …"; anders Anlage 1 zu § 60 AO-Handbuch 2009). Entspricht die konkrete Satzung dieser im maßgeblichen Zeitraum geltenden Mustersatzung, wird deshalb ein Erlass der Steuer (§ 163, § 227 AO) geboten sein.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.07.2009 – V R 20/08

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