Leitsatz

Ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ist nicht gemeinnützig, wenn seine Satzung nicht ausschließt, dass er vornehmlich zur Wahrung der gewerblichen Interessen seiner unternehmerisch tätigen Mitglieder tätig wird.

 

Normenkette

§ 52 Abs. 1 S. 1, § 60 Abs. 1 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen Mitgliedern Verbände, eine Innung, zehn Freiberufler und fast 300 Unternehmer verschiedener Branchen zählten. Sein satzungsmäßiger Zweck war die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und der Wirtschaftskriminalität im Interesse der Allgemeinheit, der gewerblichen Unternehmen und der freiberuflich Tätigen sowie der Mitglieder. Diesen Zweck erfüllte der Verein insbesondere durch Abmahnungen und notfalls gerichtliche Verfolgung von Verstößen gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften, die Entgegennahme von Unterlassungsverpflichtungen, die Geltendmachung von Vertragsstrafen, die Einleitung behördlicher und gerichtlicher Verfahren, die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen, Informationsarbeit sowie die Beratung von Mitgliedern und Dritten. Nach der Satzung ist der Kläger nicht gehindert, gegen seine Mitglieder vorzugehen; er muss sie aber zunächst abmahnen.

Das FA versagte die Anerkennung als gemeinnützig. Das FG schloss sich dem an (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.04.2008, 8 K 8327/04 B).

 

Entscheidung

Das wurde vom BFH bestätigt, und zwar, wie sich aus den Praxis-Hinweisen ergibt, abermals mit Einwänden gegen die sog. formelle Satzungsmäßigkeit.

 

Hinweis

1. Gemeinnützige Körperschaften sind an sich steuerbefreit, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG. Allerdings haben sie es nicht leicht, diese Steuerfreiheit auch zu erlangen. Dazu müssen sie etliche Hürden und Hindernisse überwinden, die in der AO und dort in §§ 51 bis 68 näher festgelegt sind.

Satzungsmäßig-formale Voraussetzung ist danach, dass sich aus der Satzung ergibt, welche Zwecke die Körperschaft verfolgt (= welchem Zweck sie dient), dass diese Zwecke den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entsprechen und dass sie von der Körperschaft ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Gem. § 60 Abs. 1 S. 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass bereits aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind. Hinsichtlich der KSt-Befreiung müssen die satzungsmäßigen Voraussetzungen während des ganzen Veranlagungszeitraums erfüllt sein (§ 60 Abs. 2 AO).

2. Im Urteilsfall bestand das in der Satzung verankerte Ziel in der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und der Wirtschaftskriminalität. Dieses Ziel verfolgte der Abmahnverein "im Interesse der Allgemeinheit, der gewerblichen Unternehmen, der freiberuflich Tätigen sowie der Mitglieder". Das genügt indes nicht.

Denn die gewählte Formulierung schließt satzungsmäßig nicht aus, in erster Linie gewerbliche Interessen der Vereinsmitglieder zu verfolgen. Das aber wäre schädlich, und zwar selbst dann, wenn tatsächlich so gar nicht verfahren wird (!).

3."Genährt" wird diese strenge Sichtweise bei Wettbewerbsvereinen namentlich dadurch, dass ein Verband nach früherer Regelungslage zivilrechtlich nicht klagebefugt war, wenn er gleichrangig sowohl der Förderung gewerblicher Interessen i.S.d. § 13 Abs. 1 UWG (1969) als auch der Wahrnehmung von Verbraucherinteressen i.S.v. § 13 Abs. 1a UWG (1969) diente. Das beruhte auf der Überlegung, dass bei "Mischverbänden" ein Konflikt zwischen den Interessen der gewerblichen Mitglieder und den Verbraucherinteressen auftreten und die Wahrnehmung der Aufgaben des Verbands beeinträchtigen kann.

Nach nunmehriger Regelungslage des § 8 UWG (2009) sind klagebefugt rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen, und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt. Reine Gebühren- und Abmahnvereine scheiden danach von vornherein aus.

4. Es fragt sich vor diesem Hintergrund, ob ein Verein – wie gemeinnützigkeitsrechtlich erforderlich – einer unbestimmten "Allgemeinheit" dient, wenn er seine (Berufs-)Mitglieder fördern will. Auch daran lässt sich trefflich zweifeln. Es spricht viel dafür, dass solche Verbände nicht selbstlos i.S.v. § 55 AO handeln; sie sind damit auch nicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG körperschaftsteuerbefreit.

5. Fazit: Wenn Sie einen gemeinnützigen Verein gründen, bedienen Sie sich am besten "geprüfter", vorformulierter Satzungsmuster. Dessen bedarf es für Körperschaften, die nach dem 31.12.2008 gegründet, und für Satzungsänderungen, die nach dem 31.12.2008 wirksam wurden, ohnehin: Der neue § 60 Abs. 1 S. 2 ...

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