Kurzbeschreibung

Muster einer Gehaltsverzichtvereinbarung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die nicht als Sanierungsmaßnahme an sich gedacht ist, sondern bei vorübergehenden Liquiditätsengpässen helfen soll.

1. Vorbemerkung

GmbH-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer umfassenden zivil- und strafrechtlichen Haftung vor und in der Krise gezwungen, im Interesse der Gesellschaft(er) und Gläubiger der GmbH die (drohende) Zahlungsunfähigkeit (§§ 17, 18 InsO)[1] zu verhindern bzw. zu beseitigen und müssen dabei auch das Kapitalerhaltungsgebot des § 30 GmbHG[2] einhalten.[3]

Denn die unveränderte Gehaltsauszahlung an den GmbH-Geschäftsführer in der Krise verstößt meist gegen die Pflicht zur Kapitalerhaltung (§ 30 Abs. 1 GmbHG). Der Geschäftsführer ist dann gem. § 31 Abs. 1 GmbHG zur Erstattung an die Gesellschaft verpflichtet.[4] Dieser Anspruch wird regelmäßig vom Insolvenzverwalter geprüft.[5] Eine Schadensersatzpflicht besteht auch gem. § 43 Abs. 3 GmbH.[6]

Eine GmbH, der die Zahlungsunfähigkeit droht, hat seit dem 1.1.2021 mit dem Restrukturierungsverfahren aufgrund des "Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen" eine Chan-ce, sich eigenverantwortlich zu sanieren und somit eine Insolvenz abzuwenden.[7]

[1] BGH, Urteil v. 28.6.2022, II ZR 112/21: Zahlungsunfähigkeit i. S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO muss nicht durch Aufstellung einer Liquiditätsbilanz, sondern kann auch mit anderen Mitteln dargelegt werden; BGH, Beschluss v. 4.12.2018, 4 StR 319/18: Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nach betriebswirtschaftlicher Methode – Insolvenzverschleppung; BGH, Beschluss v. 15.8.2019, 5 StR 205/19: Anforderungen an die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Rahmen einer Insolvenzverschleppung; BGH, Beschluss v. 21.8.2013, 1 Str 665/12: Feststellung der Zahlungsunfähigkeit und Insolvenzantragspflicht; BGH, Urteil v. 18.7.2013, IX ZR 143/12: Zur Feststellung der Zahlungseinstellung auf der Grundlage von Indizien; OLG Jena, Schlussurteil v. 17.7.2013, 2 U 815/12; BGH, Beschluss v. 26.2.2013, II ZR 54/12; BGH, Urteil v. 9.10.2012, II ZR 298/11; BGH, Urteil v. 16.6.2016, IX ZR 23/15: Einmalzahlung nebst 20 Monatsraten offenbart Zahlungsunfähigkeit; BGH, Urteil v. 9.6.2016, IX ZR 174/15: Verspätungen trotz Drohung mit Liefersperre sind Indiz für Zahlungseinstellung; OLG München, Endurteil v. 20.6.2018, 7 U 1079/18: In die Prognose, die bei der Prüfung drohender Zahlungsunfähigkeit anzustellen ist, muss die gesamte Finanzlage des Schuldners bis zur Fälligkeit aller bestehenden Verbindlichkeiten einbezogen werden; BGH, Urteil v. 19.12.2017, II ZR 88/16: Anforderungen an die Buchhaltung zur Feststellung des Liquiditätsstatus einer GmbH.
[2] OLG Hamm, Urteil v. 13.3.2017, I-8 U 79/16: Entnahme eines Gesellschafter-Geschäftsführers aus dem GmbH-Gesellschaftsvermögen bei Unterbilanz.
[3] BGH, Urteil v. 21.3.2017, II ZR 93/16: Verbotene Auszahlung zulasten der Kapitalerhaltung.
[5] BGH, Urteil v. 28.6.2022, II ZR 112/21: Anspruch eines Insolvenzverwalters gegen Geschäftsführer einer GmbH auf Rückgewähr von Zahlungen; Bestimmung des Zeitpunkts der Zahlungsunfähigkeit.
[6] OLG Düsseldorf, Urteil v. 9.12.2021, 12 U 23/21: Weisungen des Gesellschafters können Zahlungen des Geschäftsführers nach Insolvenzreife regelmäßig nicht rechtfertigen, weil der von ihm zu leistende Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Zur Verjährung: BGH, Urteil v. 29.9.2008, II ZR 234/07; OLG Koblenz, Urteil v. 23.12.2014, 3 U 1544 /13: Zur Beweislast bei Schadensersatz gegen GmbH-Geschäftsführer; OLG München, Endurteil v. 22.6.2017, 23 U 3769/16: Haftung des Organs für masseverkürzende Leistungen; LG München II, Urteil v. 26.1.2017, 3 O 3420/15.
[7] BGBl I 2022 S. 3256.

2. Wichtige Hinweise

Einen einseitigen Verzicht auf schuldrechtliche Folgen aus einem Vertrag sieht das Gesetz nicht vor (§ 397 BGB). Der Verzicht auf Teile des Gehalts erfolgt daher aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung der Vertragsparteien, durch die die ursprünglich vereinbarte Leistung für die Vergangenheit und/oder Zukunft wegfällt. Der Erlassvertrag bezüglich der Forderung ist grundsätzlich formfrei, sollte aber aus Beweiszwecken immer schriftlich vereinbart werden.[1]

Der künftige Gehaltsverzicht beeinflusst eine etwaige bestehende rechtliche Überschuldung nicht (§ 19 InsO).[2] Die durch den Verzicht erreichte kurzfristig bessere Liquidität kann nicht dazu dienen, eine Sanierung vorzubereiten bzw. die Gefahr der Insolvenzverschleppung gem. § 15a Abs. 1 InsO[3] für den GmbH-Geschäftsführer zu vermeiden, wenn z. B. nicht gleichzeitig auch andere Gläubiger zu ausdrücklichen Stundungsvereinbarungen bewegt werden können.

Die Gehaltsreduzierung ist eine Änderung des Anstellungsvertrags und muss von der Gesellschafterversammlung beschlossen und protokolliert werden.

In welcher Höhe der Verzicht vereinbart werden sollte, richtet sich u. a. nach der Höhe des vereinbarten Gehalts und ob es sich um einen Gesellschafter-Geschäftsführer oder Fremd-Geschäfts...

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