9.2.1 Definition und Ansatzvoraussetzungen

 

Rz. 390

IAS 16.6 definiert Sachanlagen als materielle Vermögenswerte, die ein Unternehmen für Zwecke der Herstellung oder der Lieferung von Gütern und Dienstleistungen zur Vermietung an Dritte oder für Verwaltungszwecke besitzt und die erwartungsgemäß länger als ein Geschäftsjahr genutzt werden. Dies entspricht der Regelung in § 247 Abs. 2 HGB.

 

Rz. 391

Für den Ansatz als Vermögenswert ist generell die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen nach dem Rahmenkonzept 4.3 und IAS 16.7 notwendig, und zwar:

  • es muss wahrscheinlich sein, dass ein der Sachanlage als wirtschaftliche Ressource, die vom Unternehmen kontrolliert wird, zuzuordnender künftiger wirtschaftlicher Nutzen dem Unternehmen zufließen wird und
  • seine Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten müssen sich zuverlässig ermitteln lassen, das heißt, die Kosten des Gebäudes bzw. des Gebäudeteils müssen objektivierbar und dem Unternehmen zuzurechnen sein.

Bezüglich der Wahrscheinlichkeit gilt zunächst die Übersetzung, dass ernsthaft mit dem Nutzenzufluss gerechnet werden kann, was mit "more likely than not" übersetzt wird, also einer Entrittswahrscheinlichkeit von über 50 %. Da allerdings häufig keine statistischen Werte vorliegen, zumal bei singulären Ereignissen, kann das nur als Hilfslösung verstanden werden, letztlich kommt es auch auf die Einschätzung der bilanzierenden Person an.[1] Ebenso ist der Nutzenzufluss weit zu verstehen, so dass auch etwa aus Sicherheits- oder Umweltschutzgründen angeschaffte Gebäude (z. B. Schutzanlagen bei Notfällen) oder Grundflächen (z. B. Zonen um Mindestabstände einzuhalten oder Ausgleichsflächen) aktivierungsfähig sind (IAS 16.11). Dies gilt auch für Anlagen im Bau.

 

Rz. 392

Der Standardregelungsinhalt definiert nicht den Umfang eines Vermögenswertes "Sachanlagevermögen". Das bleibt dem individuellen Beurteilungsvermögen anvertraut (IAS 16.9) und führt etwa dazu, dass auch grundstücksgleiche Rechte hier mit erfasst werden können. Nutzungsrechte aus Mietverhältnissen (Leasing) sind allerdings – bis auf Fälle der Weitervermietung von als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien (IAS 40) – nach IFRS 16 zu behandeln.[2]

[1] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 20. Aufl. 2022, § 21 Rz. 33 ff.
[2] S. "Leasing im Abschluss nach HGB, IFRS und EStG/KStG", Rz. 1 ff.

9.2.2 Bilanzausweis

 

Rz. 393

Es sind weiterhin getrennt voneinander zu bilanzieren:

  • Unbebaute Grundstücke
  • Bebaute Grundstücke

    • Grund und Boden
    • Gebäude und Gebäudeteile.

Auch wenn Grund und Boden (Grundstück) und Gebäude zusammen erworben werden, handelt es sich dennoch um verschiedenartige Vermögenswerte, die getrennt voneinander zu bilanzieren sind. Nach wie vor unterliegt der Grund und Boden in seiner Nutzung keiner zeitlichen Begrenzung.[1]

[1] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 20. Aufl. 2022, § 14 Rz. 48.

9.2.3 Zugangsbewertung

 

Rz. 394

Gemäß IAS 16.15 hat der erstmalige Ansatz eines Gebäudes oder Gebäudeteils zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfolgen.

 

Rz. 395

Der Anschaffungskostenbegriff nach IFRS entspricht in weiten Teilen demjenigen des HGB. Eine nennenswerte Abweichung besteht allerdings bei der Aktivierung künftiger Abbruch- und Abräumkosten sowie Rückbau- und Entfernungskosten, die als Bestandteile der Anschaffungs- und Herstellungskosten mit zu aktivieren und passivisch durch eine Rückstellung nach IAS 37 abzufangen sind.[1]

Dabei ist zu differenzieren: Während Abbruchkosten dann dem Grund und Boden zuzurechnen sind, wenn dies bereits mit der Absicht zum Abriss erworben wurde, wäre ein Grundstück mit werthaltigem Gebäude, welches erst später abgerissen wird, um einen Neubau zu ermöglichen, dem neu gebauten Gebäude als Herstellungskosten zuzurechnen. Rückbau- und Entfernungskosten sind dagegen öffentlich rechtliche Verpflichtungen, die dem Gebäude zugerechnet werden müssen.

 

Rz. 396

Ausdrücklich definiert sind in IAS 16 nur Anschaffungskosten. Für die Ermittlung selbst hergestellter Gebäude und Gebäudeteile verweist IAS 16.22 auf die Regelung in IAS 2 zu Vorräten.[2]

[1] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 20. Aufl. 2022, § 14 Rz. 23 ff.
[2] S. "Rechnungslegung nach IFRS", Rz. 54 ff.

9.2.4 Tausch

 

Rz. 397

Nach IFRS stützt sich die Grundkonzeption der Zugangsbewertung beim Tausch von Gebäuden und Gebäudeteilen auf das fair-value-Konzept mit der Folge einer Gewinn- bzw. Verlustrealisierung bei Abweichen der Bemessungsgrundlage für den hingegebenen Vermögenswert von dessen Buchwert (IAS 16.24).

 

Rz. 398

Dazu ist eine zweigliedrige Tatbestandsanalyse notwendig, nämlich den wirtschaftlichen Gehalt (commercial substance) und die Verlässlichkeit der fair-value-Ermittlung. Beide Tatbestände müssen vorliegen, wenn der Tauschvorgang zum fair value und damit ergebnisrealisierend verbucht werden soll. Liegen beide Kriterien nicht vor, ist die Zugangsbewertung für das erworbene Gebäude bzw. für den erworbenen Gebäudeteil mit dem Buchwert des aufgegebenen Gebäudes vorzunehmen. Eine Gewinn- oder Verlustrealisierung kommt dann nicht in Betracht.[1]

[1] Weitere Einzelheiten ...

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