Leitsatz

Ein Antrag auf eine abweichende Steuerfestsetzung ist grundsätzlich innerhalb der Festsetzungsfrist zu stellen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Sozietät von Rechtsanwälten. Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ das Finanzamt geänderte Feststellungsbescheide und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Nachdem die Bescheide bestandskräftig waren, stellte sich heraus, dass eine ehemalige Mitarbeiterin der Sozietät Gelder veruntreut hatte, was sich in den geprüften Jahren 1998 bis 2000 steuerlich ausgewirkt hatte. Die Klägerin holte den Abzug als Betriebsausgabe in 2001 nach und erfasste Schadensersatzzahlungen im Jahr des jeweiligen Zuflusses. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahr 2001 bis 2003 versagte das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug in 2001. Hierauf beantragten die Kläger in 2006 im Billigkeitswege, die Schadensersatzleistungen der Jahre 2003 bis 2005 um die unterschlagenen Beträge zu kürzen. Dies lehnte das Finanzamt ab. Es berief sich im Wesentlichen darauf, dass der Antrag zu spät gestellt worden sei.

 

Entscheidung

Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Zwar seien die Voraussetzungen für einen sachlichen Billigkeitserlass gegeben gewesen, doch sei die Ablehnung einer erst nach Eintritt der Feststellungsverjährung beantragten Billigkeitsmaßnahme regelmäßig ermessensgerecht, wenn der Antrag bereits vor dem Ablauf der Feststellungsfrist hätte gestellt werden können. Dies gelte für die Jahre 1998 und 1999. Für das Jahr 2000 gelte indes etwas anderes, da die Ablehnung dann ermessensfehlerhaft sein, wenn das Finanzamt bereits vor dem Ablauf der Feststellungsfrist sichere Erkenntnisse von den Umständen gehabt habe, die die Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen würden. Hier habe das Finanzamt hinsichtlich des Jahres 2000 bereits durch die Betriebsprüfung sichere Erkenntnisse von den Umständen gehabt.

 

Hinweis

Für einen Antrag auf eine abweichende Steuerfestsetzung gem. § 163 AO besteht grundsätzlich keine Frist (s. Frotscher, in Schwarz, AO, § 163 AO Tz. 63). Auch der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Steuer hindert grundsätzlich nicht, dass noch ein Antrag nach § 163 AO gestellt werden kann, da insofern § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO greift (s. Frotscher, in Schwarz, AO, § 163 AO Tz. 66). Allerdings hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass ein unverhältnismäßig spät gestellter Antrag wegen dieser Verspätung ablehnt werden kann (BFH v. 13.1.1976, VII R 47/74, BFHE 118 S. 3; BFH v. 8.10.1980, II R 8/76, BStBl 1981 II S. 82). Dies erscheint auch nachvollziehbar, da im Regelfall eine Entscheidung als endgültig angesehen werden muss. Als eine solche Frist ist regelmäßig der Ablauf der Festsetzungsfrist anzusehen. Allerdings gilt dies dann nicht, wenn derjenige, der sich auf den Ablauf der Frist beruft, nicht schutzwürdig erscheint. Dies war hier hinsichtlich der Steuer 2000 offensichtlich der Fall, da das Finanzamt zum Zeitpunkt des Fristablaufs bereits Kenntnis von den Umständen hatte. Insofern erscheint das Urteil des FG ausgewogen und zutreffend und nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht überraschend.

Die Entscheidung ist vorerst nicht rechtkräftig, da Revision eingelegt wurde (Anhängiges Verfahren beim BFH, VIII R 40/12).

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 01.08.2012, 4 K 342/11

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