OFD Frankfurt, 8.10.2013, S 2400 A - 33 - St 54

Bezug: FinMin Hessen 22.9.1992, S 2400 A – 51a – II A 11
  FinMin Hessen 18.2.1993, S 2400 A – 51 – II A 11
  FinMin Hessen 12.11.1992, S 2400 A – 51 – II A 11
  FinMin Hessen 6.5.1993, S 2400 A – 51a – II A 11
  FinMin Hessen 13.12.1993, S 2400 A – 51 – II A 11
  FinMin Hessen 21.5.1996, S 2404 A – 12 – II A 11
  FinMin Hessen 15.1.2002, S 2401 A – 4 – II B 32
  FinMin Hessen 23.5.2012, S 2400 A – 057 – II 42
  BMF-Schreiben vom 9.10.2012, IV C 1-S 2252/10/10013, 2011/0948384
 

1. Allgemeines

Nach § 44a Abs. 1 EStG kann bei Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4, 6, 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 EStG, die einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Gläubiger zufließen, eine Abstandnahme vom Steuerabzug nicht nur durch Vorlage einer sog. NV-Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamts (§ 44a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 EStG), wenn anzunehmen ist, dass auch für Fälle der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG keine Steuer entsteht, sondern auch durch Vorlage eines Freistellungsauftrags des Gläubigers der Kapitalerträge (§ 44a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 EStG) erreicht werden.

 

2. Freistellungsvolumen

Bei Vorlage eines Freistellungsauftrags ist der Steuerabzug bei den unter 1. aufgeführten Kapitalerträgen nicht vorzunehmen, soweit die maßgeblichen Kapitalerträge den Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 EStG von 801,– EUR bzw. 1.602,– EUR bei Zusammenveranlagung nicht übersteigen (§§ 44a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 EStG).

Bei den für das Freistellungsvolumen maßgeblichen Kapitalerträgen handelt es sich um die Kapitalerträge, für die eine Abstandnahme vom Steuerabzug oder die Erstattung der Kapitalertragsteuer nach § 44b EStG erreicht werden kann; dies sind im einzelnen:

  • § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 aus Genussrechten oder
  • § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 aus Anteilen, die von einer Kapitalgesellschaft ihren Arbeitnehmern überlassen worden sind und von ihr, einem von der Kapitalgesellschaft bestellten Treuhänder, einem inländischen Kreditinstitut oder einer inländischen Zweigniederlassung einer der in § 53b Absatz 1 oder 7 des Kreditwesengesetzes genannten Institute oder Unternehmen verwahrt werden, und
  • § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2, die einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Gläubiger zufließen.

Da eine Freistellung nur bei Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht kommt, kann ein steuerlich wirksamer Freistellungsauftrag nicht erteilt werden, wenn die Kapitalerträge nach der Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG bei einer anderen Einkunftsart zu erfassen sind.

 

3. NV-Bescheinigungen und Freistellungsauftrag

Das neben dem Freistellungsauftrag auch weiterhin anwendbare NV-Bescheinigungsverfahren erlangt insbesondere in den Fällen Bedeutung, in denen die Einnahmen aus Kapitalvermögen zwar das Freistellungsvolumen i.S. des § 44a Abs. 1 Nr. 1 EStG überschreiten, die Kapitaleinkünfte zusammen mit den anderen Einkünften bei Anwendung der tariflichen Einkommensteuer jedoch nicht zu einer Steuerentstehung führen.

 

4. Unvollständiger Freistellungsauftrag

Freistellungsaufträge sind grundsätzlich vollständig auszufüllen. Von einer Unwirksamkeit des Freistellungsauftrags kann nur dann ausgegangen werden, wenn aus dem Auftrag nicht ersichtlich ist,

  1. ob es sich um einen Einzel-Freistellungsauftrag oder einen gemeinsamen Freistellungsauftrag für Ehegatten handelt;
  2. wer bei einem Einzel-Freistellungsauftrag der Auftraggeber ist oder bei einem gemeinsamen Freistellungsauftrag von Ehegatten die Auftraggeber sind. Dabei reicht die Angabe des Namens im Regelfall aus, wenn der Sammelantragsberechtigte die weiteren Angaben im Sammelantragsverfahren und der Meldung nach § 45d EStG zutreffend beistellt;
  3. in welchem Umfang das Freistellungsvolumen mit dem einzelnen Auftrag ausgeschöpft werden soll;
  4. ab welchem Kalenderjahr der Freistellungsauftrag gelten soll
  5. und die Unterschrift des Auftraggebers oder der Auftraggeber oder des Vertreters fehlt oder fehlen.

Die Angabe des Geburtsdatums des Steuerpflichtigen oder des Ehegatten im Vordruck ist nicht für die Wirksamkeit des Freistellungsauftrags erforderlich.

Für die Wirksamkeit des Freistellungsauftrags und die Annahme einer Inkassovollmacht ist es ausreichend, wenn der Sammelantragsberechtigte im Besitz des entsprechend ausgefüllten Freistellungsauftrags ist, selbst wenn er sich nicht als Adressat aus dem Wortlaut des Auftrags ergibt. Insoweit gelten die Grundsätze zur Anscheinsvollmacht.

 

5. Freistellungsauftrag bei Ehegatten

Ehegatten, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, haben ein gemeinsames Freistellungsvolumen (§ 20 Absatz 9 Satz 2 EStG) und können entweder einen gemeinsamen Freistellungsauftrag oder Einzel-Freistellungsaufträge erteilen.

Der gemeinsame Freistellungsauftrag gilt sowohl für Gemeinschaftskonten als auch für Konten oder Depots, die auf den Namen nur eines Ehegatten geführt werden, vgl. BMF-Schreiben vom 9...

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