Rz. 28

Für die bilanzielle Zuordnung von Vermögenswerten ist ausschließlich das wirtschaftliche Eigentum maßgebend. In der Regel deckt sich zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer. Ist der zivilrechtliche Eigentümer eingeschränkt, über den Vermögenswert zu verfügen, diesen zu veräußern, zu nutzen oder als Sicherheit einzusetzen, ist er aus wirtschaftlicher Sicht nicht dessen Eigentümer.[1] Ausschlaggebend für die Zuordnung des Eigentums ist das Gesamtbild der Verhältnisse.[2] Dabei ist es grundsätzlich entscheidend, wer an einer Wertsteigerung des Vermögensgegenstands partizipiert bzw. das Risiko einer Wertminderung trägt.[3] Allgemein ist in der Regel derjenige wirtschaftlicher Eigentümer, bei dem Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten eines Vermögenswertes liegen.[4] Nur der wirtschaftliche Eigentümer hat den Vermögensgegenstand in seiner Bilanz zu erfassen.

 

Rz. 29

Diese allgemeinen handelsrechtlichen Regeln lassen sich auch auf den Forderungsverkauf anwenden. Der Forderungsverkauf erfolgt mittels Zession (§ 398 BGB). Durch die Abtretung der Forderung geht das zivilrechtliche Eigentum auf den Forderungskäufer über. Die bereits dargestellten Kriterien für das wirtschaftliche Eigentum – Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten – konzentrieren sich bei Forderungen vor allem auf die Risikotragung[5] Wertsteigerungspotenziale bieten Forderungen in der Regel nicht.[6] Das Risiko bei Forderungen liegt vor allem im Bonitätsrisiko. Das Bonitätsrisiko besteht darin, dass der Drittschuldner nicht in der Lage ist, seine Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger vertragsgemäß zu begleichen. Für die bilanzielle Behandlung des Factorings ist letztendlich die Charakterisierung in echtes oder unechtes Factoring entscheidend. Die Übernahme des Delkredererisikos entscheidet über die wirtschaftliche Zuordnung der Forderung. Da das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend für die wirtschaftliche Zuordnung der Forderung ist, müssen dem Käufer gegebene Sicherheiten in die Betrachtung mit einbezogen werden.[7] Eine indirekte Verlagerung des Risikos zu Lasten des Verkäufers führt dann zu einer Qualifizierung als unechtes Factoring.[8] Die Delkredereprovision soll sich grundsätzlich an der in der Vergangenheit aufgetretenen maximalen Ausfallquote orientieren.[9] Entscheidend ist letztendlich, ob der Verkäufer den Kaufpreis endgültig behalten darf.[10]

 

Rz. 30

In den Ausführungen liegt der Schwerpunkt der Betrachtungsweise in der Bilanzierung beim Factoring-Kunden. Da es sich beim Factor größtenteils um Kreditinstitute bzw. deren Tochterunternehmen handelt, ist die "Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute"[11] zu berücksichtigen.[12] Auch in der internationalen Rechnungslegung nach IFRS gibt es für Kreditinstitute eigene Angabe- und Ausweispflichten, die beachtet werden müssen (IFRS 9; IFRS 7).

[1] Wiese, BB 1998, S. 1715.
[2] Schmidt/Ries, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 246 HGB Rz 6.
[3] Findeisen, DB 1998, S. 483.
[4] Schmidt/Ries, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 246 HGB Rz 6.
[5] IDW, IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung, IDW RS HFA 8, WPg 2002, S. 1151 ff.
[6] Grundsätzlich: Findeisen, DB 1998, S. 484. Anderer Meinung: Rist, StuB 2003, S. 390.
[7] Findeisen, DB 1998, S. 484.
[8] Findeisen, DB 1998, S. 484.
[9] Willburger, in Steuerfragen der Wirtschaft, Band 5, 1997, S. 117.
[10] Willburger, in Steuerfragen der Wirtschaft, Band 5, 1997, S. 117.
[11] Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung v. 11.12.1998, BGBl 1998 I S. 3658, die zuletzt durch Art. 8 Abs. 13 des Gesetzes v. 17.7.2015, BGBl 2015 I S. 1245, geändert worden ist.
[12] Schwarz, Factoring, 4. Aufl. 2002, S. 125.

5.1.1 Bilanzielle Behandlung des echten Factorings nach HGB

 

Rz. 31

Die Literaturmeinung zur Bilanzierung des echten Factorings ist eindeutig. Rechtlich wird das echte Factoring als Kauf eingestuft. Dabei ist entscheidend, dass der Kaufpreis endgültig beim Anschlusskunden verbleibt.[1] Durch die Übernahme der Delkrederefunktion durch den Factor trägt dieser das Bonitätsrisiko. Unabhängig davon, ob die abgetretene Forderung bevorschusst wird, scheidet diese aus der Bilanz des Anschlusskunden aus.

 

Rz. 32

Durch den Verkauf der Forderungen wird der Betrag dem Abrechnungskonto und dem Sperrkonto gutgeschrieben. Wird zunächst die Finanzierungsfunktion noch nicht in Anspruch genommen, erfolgt beim echten Factoring-Geschäft beim Factor-Kunden eine Substitution der "Forderungen aus Lieferung und Leistungen" (§ 266 Abs. 2 lit. B. Nr. II. Ziff. 1HGB) durch "Sonstige Vermögensgegenstände" (§ 266 Abs. 2 lit. B. Nr. II. Ziffer 4 HGB).[2] Für die auf dem Sperrkonto gutgeschriebenen Beträge sollte die Position "Sonstige Vermögensgegenstände" gewählt werden, um den Sicherheitseinbehalt zu berücksichtigen.[3] Darüber hinaus sollte auch im Anhang auf die Einschränkung der Sperre hingewiesen werden.[4]

Wird der verkaufte Forderungsbetrag auf dem Abrechnungskonto abgerufen, vermindert sich dementsprechend das Guthabenkonto.

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