Rz. 12

Die Grundstruktur eines ABS-Programms ist auch bei der Vielzahl der Ausgestaltungen grundsätzlich identisch. Den Ausgangspunkt bildet die Kundenforderung, die in der Regel jedes Industrie- und Handelsunternehmen besitzt. Dabei ist es unerheblich, ob diese Kundenforderung in Warenlieferungen, erbrachten Dienstleistungen oder in Kreditausleihungen begründet wurde. Diese Aktivwerte sollen unter Zuhilfenahme des Geld- oder Kapitalmarktes zu Finanzierungszwecken eingesetzt werden, indem ABS durch eine spezielle Gesellschaft emittiert werden. Durch die Emission von ABS werden also nicht handelbare Vermögensgegenstände (Assets) – in der Regel Kundenforderungen – in handelbare Wertpapiere (Securities) transformiert und dem Unternehmen dadurch Liquidität zugeführt.[1]

 

Rz. 13

Das Kernstück jeder Finanzierung mittels ABS ist die Zweckgesellschaft, auch Special Purpose Vehicle (SPV) genannt. Die Gründung der Zweckgesellschaft erfolgt nur aus einem Grund. Sie soll einen oder mehrere Forderungspools ankaufen und sich dann durch die Emission von Wertpapieren bzw. anderer Schuldtitel am Geld- oder Kapitalmarkt refinanzieren.[2] Die Zweckgesellschaft wird regelmäßig als Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung bzw. als Trust gegründet.[3]

Abb. 2: Struktur der ABS[4]

Das verbriefende Unternehmen wird auch als Originator bezeichnet. Als ursprünglicher Eigentümer der zu verbriefenden Vermögenswerte überträgt es diese auf die Zweckgesellschaft. Da es sich bei diesen Vermögenswerten fast ausschließlich um Forderungen handelt, geschieht dies meist mittels Forderungsabtretung.[5] Durch den Verkauf der Forderungen erhält das Unternehmen unmittelbar die benötigte Liquidität.[6] Die Liquidität aus dem Forderungspool fließt dem Originator zumeist nicht in Höhe des verkauften Nominalwertes der Forderungen zu. Zum einen werden mitunter Sicherheitsabschläge durch die Zweckgesellschaft einbehalten,[7] zum anderen haben die verkauften Forderungen eine Restlaufzeit, sodass der Originator nur den Barwert des Forderungspools beanspruchen kann. Besitzen die Forderungen des Originators eine hohe Qualität im Sinne einer hohen Kreditwürdigkeit seiner Schuldner und/oder handelt es sich um einen gut diversifizierten Forderungspool, hat das zu verbriefende Unternehmen die Möglichkeit, sich eine kostengünstigere Refinanzierung am anonymen Kapitalmarkt zu verschaffen.[8] Durch den Verkauf von "guten" Vermögenswerten kann sich aber die Risikoeinstellung seiner Gläubiger ändern, da diese Vermögenswerte im Falle einer Insolvenz nicht mehr zur Absicherung ihrer Ansprüche zur Verfügung stehen.

Die Zweckgesellschaft emittiert die ABS. Für die Platzierung dieser Wertpapiere ist in der Regel ein Emissionskonsortium – meist aus Banken – zuständig.[9] Die Wertpapiere werden entweder als Anleihe oder als kurzfristiges Commercial Paper begeben.

Die ABS werden von Investoren erworben, die von ihrem Investment Zins- und Tilgungszahlungen erwarten. Die Basis dieser Zahlungen bildet der Cashflow des Forderungspools. Durch den Erwerb der ABS haben Investoren die Chance der Diversifikation ihres eigenen Portfolios, profitieren von der spezifischen Cashflow-Struktur sowie von einem attraktiven Risiko-Ertrags-Verhältnis der ABS.[10]

Die Aufgabe des Servicers besteht hauptsächlich in der Abwicklung der Debitorenbuchhaltung, dem Mahnwesen und/oder der Einziehung und Weiterleitung des von den Forderungen erzeugten Cashflows an den Treuhänder.[11] Deshalb bietet es sich an, dass diese Aufgaben vom Originator selbst wahrgenommen werden. Gerade auch aufgrund seiner Kontakte zu dem Drittschuldner und seiner technischen Ausrüstung ist er hierfür bestens geeignet.[12] Für diese Dienstleistung erhält er eine entsprechende Aufwandsentschädigung von der Zweckgesellschaft.[13]

Der Treuhänder ist als Bindeglied zwischen der Zweckgesellschaft und den Investoren tätig. Er überwacht die Aufgaben des Servicers im Interesse der Investoren.[14] Treuhänderisch übernimmt er die Verwaltung der als Sicherheit dienenden Forderungen für die Investoren und leitet die Zins- und Tilgungszahlungen aus dem Inkasso der Forderungen entsprechend der Ausgestaltung und dem Rechtscharakter der ABS weiter.[15] Darüber hinaus fällt dem Treuhänder im Insolvenzfall bzw. bei Zahlungsschwierigkeiten der Zweckgesellschaft die Aufgabe zu, die Forderungen oder eventuellen Sicherheiten im Interesse der Investoren zu verwerten.[16]

Der Sponsor ist für die Gründung bzw. den Kauf der Zweckgesellschaft zuständig. Darüber hinaus übernimmt er die Verwaltung der Zweckgesellschaft aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages. Des Weiteren erledigt der Sponsor in der Regel Strukturierungsaufgaben. Das umfasst insbesondere die rechtliche Betreuung der Zweckgesellschaft sowie die Strukturierung der Sicherheiten und Zahlungen.[17] Zu den Aufgaben des Sponsors zählt auch die Beauftragung einer Ratingagentur.

Ratingagenturen beurteilen die Kreditqualität der ausgegebenen Wertpapiere[18] und stufen diese in ihr Bewertungsschema ei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge