Verzugszinsen sind Zinsen, die von einem Schuldner, unabhängig von einem konkreten Schaden verlangt werden können, wenn dieser sich in Verzug befindet.

1.1 Unterschied zwischen Handels- und Verbrauchergeschäften

Verzugszinsen setzen sich aus einem sogenannten Basiszinssatz und einem Aufschlag zusammen. Der Basiszinssatz wird halbjährlich von der Deutschen Bundesbank festgelegt. Er ändert sich in der Regel jeweils zum 01.01. und 01.07. eines Jahres. Die Höhe des Aufschlags richtet sich danach, ob der Schuldner ein Privatmann oder ein Geschäftsmann ist:

  • Ist der Schuldner Privatmann, handelt es sich um ein sogenanntes Verbrauchergeschäft. Hierbei wird ein um 5 Prozentpunkte erhöhter Basiszinssatz angewandt.
  • Handelt es sich beim Schuldner um einen Geschäftsmann, liegt ein Handelsgeschäft vor. Der Verzugszinssatz liegt seit dem 29.07.2014 um 9 Prozentpunkte (vorher 8 Prozentpunkte) über dem Basiszinssatz.

Handelsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte zwischen Kaufleuten, die zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehören. Der Begriff "Unternehmen" schließt hier die freien Berufe mit ein.

Beispiel: Ein Unternehmer lässt für seine Mitarbeiter eine Küche im Bürogebäude einbauen. Hier liegt ein Handelsgeschäft vor.

Um ein Verbrauchergeschäft handelt es sich immer dann, wenn es ausschließlich zu privaten Zwecken abgeschlossen wird.

Beispiel: Der Unternehmer lässt sich als Privatmann eine Küche in sein privates Wohnhaus einbauen. Obwohl es sich bei dem Unternehmer um ein und dieselbe Person handelt, liegen einmal ein Handels- und einmal ein Verbrauchergeschäft vor.

§ 13 BGB definiert einen Verbraucher wie folgt: "Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann."

1.2 Der Basiszinssatz

Gemäß § 247 Abs. 2 BGB ist die Deutsche Bundesbank verpflichtet, den aktuellen Stand des Basiszinssatzes im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Der Basiszinssatz liegt seit dem 01.01.2019 bei -0,88 %.

Seit dem 01.07.2014 berechnen sich die Verzugszinsen entsprechend wie folgt:

  • Verbrauchergeschäft: Verzugszinssatz 5 Prozentpunkte + Basiszinssatz
  • Handelsgeschäft nach alter Regelung bis zum 28.07.2014: Verzugszinssatz 8 Prozentpunkte + Basiszinssatz
  • Handelsgeschäft nach neuer Regelung nach dem 28.07.2014: Verzugszinssatz 9 Prozentpunkte + Basiszinssatz
 
Hinweis

Basiszinsätze aus der Vergangenheit

01.01.2016 bis 30.06.2016: – 0,83 %

01.07.2016 bis 31.12.2016: – 0,88 %

01.01.2017 bis 30.06.2017: – 0,88 %

01.07.2017 bis 31.12.2017: – 0,88 %

01.01.2018 bis 30.06.2018: – 0,88 %

01.07.2018 bis 31.12.2018: – 0,88 %

01.01.2019 bis 30.06.2019: – 0,88 %

01.07.2019 bis 31.12.2019: -0,88 %

01.01.2020 bis 30.06.2020: -0,88 %

01.07.2020 bis 31.12.2020: -0,88 %

Diese Sätze können Sie anwenden, wenn Sie Schuldner haben, bei denen Sie schon seit mehr als anderthalb Jahren auf Ihr Geld warten.

1.3 Reform und Regelungen mit Einführung der EU-Zahlungsrichtlinie

Zahlungsverzug im Zusammenhang mit Handelsgeschäften wurde ab 29.07.2014 stärker reglementiert und damit teurer. Dadurch sollte erreicht werden, dass Gläubiger schneller zu ihrem Geld kommen. Wer lange mit dem Bezahlen seiner Rechnungen wartet, läuft Gefahr, tiefer in den Geldbeutel greifen zu müssen. Der Verzugszinssatz hat sich von 8 auf 9 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz erhöht.

Allerdings gelten die neuen Regelungen nur für Geschäfte, die ab dem 28.07.2014 geschlossen wurden. Bei bereits bestehenden Dauerschuldverhältnissen finden sie Anwendung, wenn die Gegenleistung erst nach dem 30.06.2016 erbracht wurde.

Zahlenvergleich

Hier die Auswirkung anhand eines Rechenbeispiels:

Die Beispiel AG ist im ersten Halbjahr 2014 mit einer Rechnung in Höhe von 10.000 EUR für 100 Tage in Verzug. Die Muster GmbH kann nach der Altregelung 201,92 EUR Verzugszinsen verlangen.

Auch im zweiten Quartal ist die Zahlungsmoral der Beispiel AG weiterhin schlecht. Für einen Vertrag, der nach dem 28.07.2014 geschlossen wird, sind wiederum 10.000 EUR 100 Tage überfällig. Jetzt verlangt die Muster GmbH insgesamt 226,58 EUR. Davon sind 226,58 EUR Zinsen zuzüglich einer Schadenspauschale von 40 EUR, die neuerdings auch in Rechnung gestellt werden kann.

Fazit: Wer im Rahmen von Handelsgeschäften beim Bezahlen trödelt, für den wird es deutlich teuer.

Regelungen

Weitere Regelungen im Überblick:

  • Zahlungsfristen sollen nicht mehr als 60 Tage betragen. Nur wenn ausgeschlossen ist, dass dies nicht grob unbillig für den Vertragspartner ist und dies ausdrücklich vereinbart wird, ist eine längere Frist möglich. Für öffentliche Auftraggeber gelten noch strengere Fristen. Mehr als 30 Tage darf die Frist nur betragen, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
  • Der Fristbeginn wird auf den Zeitpunkt des Empfangs der Gegenleistung, den Zugang der Rechnung nach Erbringung der Gegenleistung oder auf einen späteren, vom Gläubiger benannten Zeitpunkt festgesetzt.
  • Sofern Überprüfungs- und Abnahmefristen relevant sind, also insbesondere bei Werkverträgen, sind diese auf 30 Tage begrenzt. Längere Fristen können ausdrücklich und nur dann vereinbart werden, wenn dies für den Gläubiger nich...

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