Die Aufgabe des Rechtsanwalts bei der Beitreibung von Forderungen ist zunächst die richtige Erstellung von Mahnungen nach Prüfung der Unterlagen.

Der Rechtsanwalt holt auch die notwendigen Auskünfte aus dem Handelsregister, Grundbuchamt, Einwohnermeldeamt etc. Erfahrungsgemäß wird dem Anwalt ohne weitere Rückfragen seitens der Behörden Auskunft erteilt, was kostbare Zeit erspart. Bei Einwänden des Schuldners kann der Anwalt den rechtlichen Argumenten des Gegners gleich kompetent entgegnen.

Laut BGH durfte der Gläubiger auch in einfach gelagerten Fällen einen Rechtsanwalt mit der Verfolgung seiner Interessen beauftragen, sodass der Schuldner die 1,3 Geschäftsgebühr gem. 2300 VV RVG des Anwalts dem Gläubiger erstatten musste. Eine Beschränkung auf ein Schreiben einfacher Art war nicht geboten.[1] Seit dem 1.10.2021 ist das anders.[2] Lt. Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG gilt: Ist Gegenstand der Tätigkeit eine Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft, kann eine Gebühr von mehr als 0,9 nur gefordert werden, wenn die Inkassodienstleistung besonders umfangreich oder besonders schwierig war. In einfachen Fällen kann nur eine Gebühr von 0,5 gefordert werden; ein einfacher Fall liegt in der Regel vor, wenn die Forderung auf die erste Zahlungsaufforderung hin beglichen wird.

Der Rechtsanwalt, der Inkassodienstleistungen erbringt, muss, wenn er eine Forderung gegenüber einer Privatperson geltend macht, mit der ersten Geltendmachung bestimmte Informationen klar und verständlich übermitteln (§ 43d BRAO).[3]

 
Hinweis

Verzicht auf gesetzliche Vergütung ab 1.12.2021 in Inkassosachen möglich – aber wohl praxisfremd!

Ist Gegenstand der außergerichtlichen Angelegenheit eine Inkassodienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RDG) oder liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe vor, kann der Rechtsanwalt ganz auf eine Vergütung verzichten (§ 4 Abs. 1 Satz 3 RVG).[4]

Ist Gegenstand der Angelegenheit eine Inkassodienstleistung in einem der in § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO genannten Verfahren, kann eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden oder kann der Rechtsanwalt ganz auf eine Vergütung verzichten (§ 4 Abs. 2 RVG).

Es ist schwer vorstellbar, dass ein Anwalt angesichts gestiegener Kosten auf Gebühren verzichtet!

Auch das neu geregelte Erfolgshonorar ab 10.2021 gem. § 4a Abs. 1 Nr. 2 RVG für außergerichtliche Inkassodienstleistungen oder in einem der in § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO genannten Verfahren rechnet sich wohl nicht! Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Schuldner überhaupt was zu holen ist, ist aktuell gering. Ohne Erfolg gibt es auch kein Erfolgshonorar!

Für private Schuldner, die ihren Insolvenzantrag ab dem 1.10.2020 gestellt haben oder stellen, ist die dreijährige Dauer zum Erreichen der Restschuldbefreiung an keine großen Bedingungen (mehr) geknüpft. Sie müssen nicht mehr wie früher die Verfahrenskosten und einen Mindestanteil der Insolvenzforderungen begleichen, um die Restschuldbefreiung zu erreichen. Auch wenn Schuldner in der sog. Wohlverhaltensperiode arbeiten müssen (§ 287b InsO bzw. § 295 InsO), wird das angesichts der erhöhten Pfändungsfreibeträge und der Zahlungen zur Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders (§ 298 InsO) kaum zur Verteilung einer Masse reichen.

Bei Unternehmensinsolvenzen ist Insolvenzquote regelmäßig sehr niedrig (unter 10 %). Die Insolvenzquote beinhaltet, zu welchem Prozentsatz die Insolvenzgläubiger ihre zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen nach Abschluss des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse getilgt bekommen.

Viele Inkassounternehmen sind auf die Durchsetzung von Forderungen spezialisiert und können daher die außergerichtliche Einziehung von unstreitigen Forderungen bis hin zum Erlass des Vollstreckungsbescheids und anschließender Zwangsvollstreckung erledigen.

Allerdings muss der Auftraggeber bedenken, dass er gem. § 13e Abs. 1 RDG[5] die Kosten, die ihm ein Inkassodienstleister für seine Tätigkeit berechnet hat, von seinem Schuldner nur bis zur Höhe der Vergütung als Schaden ersetzt verlangen, die einem Rechtsanwalt für diese Tätigkeit nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zustehen würde (s. o.).

Beauftragt der Gläubiger einer Forderung mit deren Einziehung sowohl einen Inkassodienstleister als auch einen Rechtsanwalt, so kann er die ihm dadurch entstehenden Kosten nur bis zu der Höhe als Schaden ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären, wenn er nur einen Rechtsanwalt beauftragt hätte (§ 13f Satz 1 RDG).

Inkassodienstleister müssen gem. § 13a RDG mit der ersten Geltendmachung einer Forderung gegenüber einer Privatperson bestimmte Informationen klar und verständlich in Textform übermitteln.

 
Praxis-Tipp

Überlegungen für die Beauftragung eines Anwalts

Anwälte können das außergerichtliche Inkasso, das gerichtliche Mahnverfahren übernehmen und im etwaigen streitigen Verfahren auftreten und dann eine erforderliche Zwangsvollstreckung in die Wege leiten.

Inkassodienstleister können aber nach Widerspruch des Schuldn...

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