Zusammenfassung

 
Überblick

Forderungen sind Ansprüche eines Gläubigers gegenüber einem Schuldner. Sie sind meist auf Geld gerichtet. Forderungen sind in der Handelsbilanz als Vermögensgegenstand und in der Steuerbilanz als Wirtschaftsgut zu aktivieren. Insbesondere Forderungen, die zivilrechtlich im abgelaufenen Wirtschaftsjahr entstanden sind, unterliegen der Aktivierungspflicht. Der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, Rechnungserteilung oder Einklagbarkeit ist für die Aktivierung grundsätzlich ohne Belang.

Langfristig gestundete Forderungen sind handelsrechtlich als "sonstige Ausleihungen" auszuweisen, wenn diese Forderungen in ein Darlehen mit Zins- und Tilgungszahlungen umgewandelt worden sind.[1]

Bei bestrittenen Forderungen reicht für die Aktivierung ihre objektive Entstehung nicht aus. Erforderlich ist hier, dass sich der Anspruch konkretisiert hat, z. B. eine Schadensersatzforderung anerkannt oder durch ein rechtskräftiges Urteil zuerkannt ist. Forderungen sind auch auszuweisen, wenn die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen gesetzt worden sind und mit der künftigen rechtlichen Entstehung zu rechnen ist (sog. quasi sichere Forderungen).

Der Beitrag erläutert Einzelheiten und Sonderfälle beim Forderungsausweis. Er gibt Hilfestellung bei der Bewertung und Wertberichtigung von Forderungen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen zu Forderungen finden sich in den §§ 240 Abs. 1, 246, 247 Abs. 1, 2 HGB; §§ 252, 253 Abs. 1, 256a und 266 HGB sowie in den §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Erläuterungen zu Wertberichtigungen ergeben sich aus den Hinweisen H 6.7 EStH.

[1] Vgl. Wulf/Sackbrook, in Betram/Kessler/Müller, HGB, 2022, § 266 Rz. 79.

1 Forderungen im Einzelnen

1.1 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

Lieferungs- und Leistungsforderungen sind Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, die im Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens geschlossen wurden. Sie entstehen aus Geschäften, die für das jeweilige Unternehmen typisch sind und basieren auf Lieferungs-, Werk- oder Dienstleistungsverträgen. Ansprüche auf Grundlage untypischer Geschäfte, wie z. B. Schadensersatzansprüche oder Mietforderungen eines Industrieunternehmens, sind in der Handelsbilanz als sonstige Vermögensgegenstände auszuweisen.[1]

Eine Forderung liegt vor, wenn die Erfüllung des Vertrags durch das bilanzierende Unternehmen ganz oder teilweise erfolgt ist, während die Leistung des Schuldners, meist in Form der Kaufpreiszahlung, noch aussteht. Mit der vollständigen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, der vereinbarten Leistungsvergütung bzw. Erbringung der vollständigen Gegenleistung erlischt die Forderung. Zahlt der Schuldner nur teilweise, erlischt die Forderung i. H. d. entsprechenden Teils. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Teilzahlung konkret vereinbart worden ist. Anzahlungen eines Kunden sind zu passivieren und im Zeitpunkt der Einbuchung der Forderung mit dieser zu verrechnen, so dass nur ein Ausweis der Differenz erfolgt.

Gibt der Kunde anstelle des Kaufpreises einen Scheck oder Wechsel, wurde nur erfüllungshalber geleistet. Die Forderung erlischt erst, wenn der Scheckbetrag ausgezahlt oder gutgeschrieben wird bzw. der erlangte Wechsel-Diskontbetrag dem Steuerpflichtigen endgültig (ohne Haftungsrisiken) verbleibt. Die Wechselforderung kann an die Stelle der Forderung aus Lieferungen und Leistungen treten.

Eine Forderung ist zu bilanzieren, soweit sie am Abschlussstichtag realisiert und so gut wie sicher ist. Der Steuerpflichtige muss die ihm obliegenden wesentlichen Vertragspflichten erbracht haben, sodass der Kunde nicht mehr die Einrede des nicht erfüllten Vertrags erheben kann.

Bestrittene Forderungen dürfen handels- und steuerrechtlich nicht ausgewiesen werden; sie sind erst im Zeitpunkt ihrer Realisierung anzusetzen.[2]

Eine Aktivierung kommt erst in Betracht, wenn über den Anspruch rechtskräftig entschieden wurde oder eine Einigung mit dem Schuldner zustande gekommen ist.

Maßgebender Zeitpunkt für die Entstehung einer Forderung ist bei Veräußerungsgeschäften die Bewirkung der Lieferung bzw. Werklieferung, bei Werkverträgen die Abnahme und bei Dienstverträgen die Bewirkung der Dienstleistung. Der Ansatz von Forderungen ist unabhängig davon vorzunehmen, ob der Vertragspartner seinerseits geleistet hat bzw. leistungsfähig ist. Den Risiken des Zahlungseingangs ist erforderlichenfalls durch eine Abschreibung der Forderung Rechnung zu tragen.

Auch Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen sind im Ausmaß ihrer Realisierung anzusetzen. So gilt für Mietzinsansprüche:

  • Der Gewinn aus Leistungen des Vermieters verwirklicht sich fortlaufend während der Mietzeit.
  • Die Mieterträge sind jeweils für die Vergangenheit realisiert, unabhängig davon, wann über sie abzurechnen ist oder wann sie fällig werden.
 
Wichtig

Aktivierung eines Pachterneuerungsanspruchs

Vor diesem Hintergrund hat auch der Verpächter eines Unternehmens in seiner Handels- und Steuerbilanz den Anspruch auf Erhaltung und Erneuerung der Pachtgegenstände (Pachterneuerungsanspruch) i. H. d. jährlich zuwachsenden Teilanspruchs zu akt...

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